: Harald J. Marburger
: Totengräberspätzle Kriminalroman
: Emons Verlag
: 9783960412144
: 1
: CHF 7.70
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: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 400
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Dorfbestatter Gottesacker bekommt Konkurrenz von einem neumodischen 'Eventbestatter'. Als ihm die Kunden reihenweise davonlaufen, stiehlt er dem Rivalen eine Leiche, um ihn in Verruf zu bringen. Bei dem Toten handelt es sich allerdings um einen waschechten Mafioso, der ein kiloschweres Geheimnis mit sich herumträgt. Das ruft nicht nur einen strafversetzten italienischen Ermittler auf den Plan, sondern auch allerhand Profikiller. Bald besteht das größte Problem der Beerdigungsrivalen darin, nicht in den eigenen Särgen zu landen ...

Harald J. Marburger, 1973 in Sigmaringen geboren, wuchs im benachbarten Pfullendorf auf. Er veröffentlichte Horror-Kurzgeschichten bei 'Geisterjäger John Sinclair' und war als Polizeiübersetzer, Filmemacher, Musiker, Porzellanverkäufer, Cutter, Werbetexter und Simultandolmetscher tätig. Aktuell arbeitet er als Redakteur und Autor für das Wissensmagazin 'Galileo'.

Das Elend des Bestatters

Gebückt, den Blick auf den Boden gerichtet, irrt Johann Gottesacker ein Jahr später zwischen angestaubten Sargmodellen durch sein Geschäft, in dem sich seit Monaten nichts getan hat. Einzig eine Armenbestattung, die von der Stadt bezahlt wurde, und die halb anonyme Urnenbeisetzung eines englischen Motorradfahrers haben dafür gesorgt, dass bei Gottesackers der Strom noch brennt.

»Was mach ich bloß? Was mach ich bloß?«, murmelt er vor sich hin. Dazu schaut er immer wieder zwanghaft auf die goldene Taschenuhr, die ihm sein Vater (Luxussarg – Nussbaum, gekehlt) hinterlassen hat.

Es ist genau neun Uhr fünf.

Seit wir ihn das letzte Mal gesehen haben, scheint der Bestatter um Jahre gealtert. Er ist schlecht rasiert, seine einst silbergraue Haarpracht glänzt speckig. Hektisch irren seine rot geäderten Augen umher. Von den Wänden starren vorwurfsvoll die Gesichter seiner Vorfahren zurück: sein Vater, Anton Gottesacker, Großvater Ludwig und Urgroßvater Ignatius. Alle ziemlich dick. Alle mit Schnurrbart und in schwarzem Edelzwirn gekleidet. Alle Bestatter.

»Gestorben wird immer«, flüstert es im Chor von der Wand.

»Gestorben wird dahoim«, kommt es vorwurfsvoll von seinem Urgroßvater, der boshaft unter seinen langen weißen Haaren hervorlinst.

Das »Bestattungsinstitut Gottesacker« hat drei Generationen von Bestattern hervorgebracht und gut genährt. Bis jetzt. Der Grund dafür befindet sich direkt auf der anderen Straßenseite.

Gottesacker betritt die Kundentoilette und späht – wie schon so oft – zwischen den plissierten gelben Gardinen hinaus. Das letzte Vierteljahr hat er mit einer dümmlichen Verständnislosigkeit beobachtet, wie Handwerker und Möbelspediteure in dem leer stehenden Haus gegenüber ein und aus gegangen sind. Zwei Jahre zuvor war dort noch der serbo-schwäbische Traditionsmetzger Bubanovic beheimatet. Dem hat die Lage kein Glück gebracht. Er ist eines Nachts sang- und klanglos verschwunden. Niemand wusste genau, warum.

Vielleicht Familienzwist, vielleicht der Großhandel, der die kleinen Händler kaputtmacht, vielleicht hatte er auch einfach, wie man hier recht herzlos sagt, »Pech an der Hose«.

Johann Gottesacker enthielt sich jeglichen Kommentars. Obwohl er zu den Gründen der Geschäftsaufgabe noch eine ganze Menge mehr hätte sagen können. Dass der Metzger dem Teufel Tür und Tor öffnet, damit hat Gottesacker damals freilich nicht gerechnet. Vor dem ehemaligen Fleischerfachgeschäft ist mit affenartiger Geschwindigkeit ein kleiner runder Glaspavillon emporgewachsen, auf dessen Giebelgauben noch der letzte Schnee liegt. Erst als in großen Lettern das Firmenlogo – ein großes, verschnörkeltes »J« und ein »B« mit einem stilisierten Blitz – über dem Schaufenster stand, ist ihm die Dimension des ganzen Schlamassels aufgegangen. Da macht sich tatsächlich die Konkurrenz direkt vor seiner Nase breit.

»Schere’schleifer, liederlicher!«

Nach dem Zwischenfall auf dem Friedhof sind Gottesacker reihenweise die Kunden abgesprungen, während auf der anderen Straßenseite das Geschäft florierte. Es hat harmlos