Kapitel 1
Noch immer hing das dunkel gemaserte Holzschild mit der weißen Aufschrift »Rezeption« über der Tür. Sogar der metallene schwarze Fußabkratzer in Form eines langgestreckten Dackels hatte die Jahre überlebt. Entkräftet von dem langen Fußmarsch vom Bahnhof setzte ich mein Gepäck direkt vor der Tür ab, und unwillkürlich tauchten ein paar Bilder von früher vor meinem geistigen Auge auf: Schlammige Schuhe, die ich als Kind an dem Dackel gereinigt hatte. Sonnige Nachmittage, die ich auf der Bank neben der Rezeption liegend verbracht hatte – die Holzbank gab es auch noch. Wo hatte ich nur den Schlüssel hingesteckt, den ich zugeschickt bekommen hatte?
Da ich ihn in den Untiefen meiner überdimensionierten Handtasche nicht gleich fand, warf ich automatisch einen Blick nach oben. Wie oft hatte sich meine Nonna, die Mutter meiner Mutter, aus diesem Fenster gebeugt und gerufen, ich möge doch endlich zum Essen kommen! Das Fenster war leicht zu erkennen, weil direkt darüber ein Hirschgeweih aufgehängt war. Der Vierzehnender, wie mein Großvater immer gesagt hatte.
Endlich hatte ich mich in der Tasche zu dem alten Schlüssel vorgetastet und schob ihn ungeschickt mit der linken Hand in das Schlüsselloch. Doch das wäre gar nicht nötig gewesen: Die Tür ließ sich einfach aufdrücken. Dabei bimmelte die Türglocke melodisch, genau wie früher. Richtig, Nonna hatte die Rezeption nie abgeschlossen, wieso sollte also sonst jemand damit angefangen haben.
Meine Arme fühlten sich an, als reichten sie bis zum Boden, un