I. Kapitel
Alaïs hoffte, dass Louise bald sterben würde.
Nicht, dass sie ihr den Tod wünschte. Wäre es nach ihr gegangen, hätte Louise gerne weiterleben können: in jener verdreckten Fischerkate, die die anderen Frauen des Dorfs nur mit gerümpfter Nase betraten, weil Louise keine Ordnung zu halten wusste. Mit jener Schar Kinder, die entweder verschorft, verrotzt oder verlaust waren, in jedem Fall aber ständig plärrten. Mit ihrem maulfaulen Gatten, der mit seinen Fischen redete, jedoch nie mit seinem Weib. Nun, Worte hatte es keiner bedurft, um ein neues Menschenkind zu zeugen – und ein solches wand sich nun im Leib der armen Louise, die vergebens versuchte, es irgendwie herauszupressen, und deren Kräfte sichtlich schwanden. Alaïs war sich sicher, dass Louise nach diesen langen Stunden der Qual ebenso dachte: Lieber ein schneller Tod als ein langsames Warten darauf.
Dass sich Louise unmenschlich quälen musste, immer schwächer wurde und schließlich halb ohnmächtig verstummte, anstatt das Balg endlich zur Welt zu bringen, tat Alaïs durchaus leid. Noch bedauerlicher fand sie freilich, dass sie selbst in der blut- und schweißerfüllten Luft ausharren musste, um ihrer Mutter Caterina zur Hand zu gehen. Diese stand der Gebärenden als Hebamme bei und war der Meinung, es sei für ein junges Mädchen hilfreich, beizeiten mehr über die Prozedur einer Geburt zu erfahren, mochte die Tochter auch – leider vergebens – en