: Maya Shepherd
: Kind der Legion
: tolino media
: 9783754605288
: 1
: CHF 1.80
:
: Science Fiction
: German
: 64
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Jahrzehnte sind vergangen, seit die Erde durch den Dritten Weltkrieg radioaktiv verseucht wurde. Die letzten Überlebenden der Menschheit gehören zur Legion und wohnen in einer unterirdischen Sicherheitszone, in der strenge Gesetze gelten. Es gibt weder Namen noch Individualität - alle Menschen sind gleich. Ein Experiment gibt jedoch Grund zur Hoffnung: Forschern ist es gelungen, ein Biotop in der Wüste anzulegen, das den Bewohnern ein Stück Freiheit und Würde zurückgeben soll. Die junge Legionsführerin A350 gehört zu der Gruppe der Freiwilligen, die beweisen sollen, dass ein Leben außerhalb der Sicherheitszone möglich ist.

Maya Shepherd wurde 1988 in Stuttgart geboren. Zusammen mit Mann, zwei Kindern und Hund lebt sie mittlerweile im Rheinland und träumt von einem eigenen Schreibzimmer mit Wänden voller Bücher. Seit 2014 lebt sie ihren ganz persönlichen Traum und widmet sich hauptberuflich dem Erfinden von fremden Welten und Charakteren.

BEKENNTNIS


Meine korrekte Bezeichnung lautet A350. Ich bin eine Überlebende der dritten Generation.

Meine Hände berühren das glatte Glas, aus dem die Legion zu einem großen Teil erbaut ist. Es ist kalt und steht damit im Kontrast zu der flirrenden Hitze, die außerhalb herrscht. So weit das Auge reicht, nur roter Wüstensand. Die Sonne knallt brennend vom Himmel und lässt die Luft flimmern. Nur ein schwacher Windhauch streicht hin und wieder über die Sandkörner und wirbelt sie auf.

Ich kann mir nicht vorstellen, wie es sich anfühlen würde, dort draußen zu stehen, ungeschützt vor der Hitze, und die Luft einzuatmen. Würde sie anders schmecken?

Seit ich auf der Welt bin, lebe ich in der Legion. Ich wurde in ihr geboren und ich werde in ihr sterben. Es ist die einzige Chance auf Leben, die der Menschheit geblieben ist. Unsere Vorfahren haben die Erde zerstört, indem sie mit Atombomben aufeinander losgingen. Wie Kinder, die mit Steinen werfen, jagten sie einen Sprengsatz nach dem anderen hoch, ohne die Folgen ihrer Taten zu bedenken. Die gesamte Erdoberfläche ist radioaktiv verseucht. Wenn es die Legion nicht gäbe, wäre ich nie geboren worden. Denn nur hier ist ein Überleben möglich. Um diese Sicherheit zu gewährleisten, gibt es strenge Gesetze.

»Es muss unglaublich sein, wenn man hingehen kann, wo immer man möchte, und es keine Mauern gibt, die einen daran hindern«, sagt plötzlich eine männliche Stimme neben mir. Ich wende ihm mein Gesicht zu und verspüre ein Ziehen im Herzen, als ich den sehnsuchtsvollen Blick sehe, mit dem er diese trostlose Landschaft betrachtet. Es ist A399. Er sieht aus wie alle anderen: ein kahler Kopf, lichtblaue Augen und eine Haut, die beinahe so hell ist wie sein weißer Anzug, der ihn als Legionsführer kennzeichnet. Stoffe, die unserer Nahrung beigesetzt sind, sorgen dafür, dass wir alle gleich aussehen. Andersartigkeit führt zu Unruhen und solche sind für ein friedliches Zusammenleben unbedingt zu vermeiden.

Ich erkenne ihn dennoch. Selbst mit geschlossenen Augen könnte ich sagen, dass er es ist. Es ist nicht nur seine Stimme, die ihn verrät, sondern noch mehr die Art, wie er die Welt sieht. Schon als wir noch ganz klein waren, wollte er immer mehr. Er konnte nie glauben, dass dieses für uns vorherbestimmte Leben wirklich alles ist. Seine Gedanken sind gefährlich. Vielleicht fühle ich mich gerade deshalb magisch von ihnen angezogen.

»Die Schritte, die du dort draußen gehen könntest, wären nur von kurzer Dauer«, erinnere ich ihn nachdrücklich. Die Radioaktivität ist nicht mehr stark genug, um uns sofort zu töten, aber der Tod kommt schleichend. Früher oder später würden unsere Organe versagen.

Er verzieht missbilligend den Mund. »Was musst du nur immer so ernst sein, Sternche