: Wolfgang Hohlbein
: Thor Die Asgard-Saga. Roman
: Verlagsgruppe Lübbe GmbH& Co. KG
: 9783838706160
: 1
: CHF 8.10
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: Fantasy
: German
: 912
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB

Ein Mann ohne Namen. Ein Hammer in seiner Faust. Ein Rudel geifernder Wölfe im peitschenden Schnee. Ein Blitz, der die Wolken zerreißt, und ein Grollen von Donner in der Ferne.

Wer ist dieser Mann? Ist er, wie manche glauben, wirklich Thor, der Gott des Donners? Und ist er gekommen, die Menschheit zu retten - oder sie zu vernichten?

Irge dwo zwischen schneebedeckten Bergen gibt es ein verborgenes Tal, Midgard genannt. Hierhin bringt man den geheimnisvollen Fremden, der sein Gedächtnis verloren hat. Keiner traut ihm. Doch noch weniger traut man denen, die ihn verfolgen - riesenhafte Krieger, die Tod und Verderben bringen.

Nur einer ist ihnen gewachsen. Thor. Oder ist er gar selber einer von ihnen?

"29. KAPITEL (S. 614-615)

Oesengard brannte. Vielleicht war die Sonneüber den schwarzen Wolkengebirgen schon aufgegangen, die der Sturmüber den Himmel peitschte, aber wenn, dann wurde ihr Licht einfach vom roten Widerschein Dutzender Brände und Hunderter Fackelnüberstrahlt, den die zerklüfteten Unterseiten der Wolken auf unheimliche Weise noch zu verstärken schienen, bis die ganze Stadt in einem Meer aus düster leuchtendem Rot versank, in dem es keinen Platz mehr für Schatten oder Dunkelheit gab, sondern nur noch unterschiedliche Abstufungen von Röte, als hätten sich die Pforten der Hel aufgetan, um die Stadt in einem Meer von Blut zu ertränken.

Oesengard starb, und ganz gleich, wer diese Schlacht auch gewann oder verlor, von Oesengard würde nichts mehr bleiben als die verfluchten uralten Mauern, auf denen es einst erbaut worden war. Die Straßen zum Hafen hin warenübersät mit reglosen Körpern in zerschlagenen goldenen Rüstungen, aber noch mehr Tote und Sterbende trugen die Kettenhemden und Kleider der Krieger des Heeres von Midgards. Thor hatte längst begriffen, wie sehr er ihren Feind unterschätzt hatte. Die Falle war zugeschnappt, genau wie er es geplant hatte: Ihre Krieger waren an mehr als einem Dutzend Stellen zugleich aus dem verzweigten Kellerlabyrinth hervorgebrochen undüber die vollkommenüberraschten Einherjer hergefallen, um sie voneinander zu trennen und in kleinen Gruppen anzugreifen. DieÜberraschung war vollkommen gewesen, sodass Lokis Männer nicht einmal die Möglichkeit gehabt hatten, so etwas wie organisierten Widerstand zu leisten, sondern ihr Heil in der Flucht gesucht hatten. Jedenfalls hatte es den Anschein gehabt.

Aber seither war alles misslungen, was nur misslingen konnte. Thor hatte viel zu spät begriffen, dass es zu leicht gewesen war. Lokis Krieger hatten nicht einmal versucht, Widerstand zu leisten, sondern sofort damit begonnen, sich diszipliniert und kämpfend zum Hafen zurückzuziehen, wie es Loki ihnen vermutlich zuvor eingeschärft hatte. Thor an seiner Stelle jedenfalls hätte es getan, aber auch das hatte er erst begriffen, als es viel zu spät war. Anscheinend war er doch kein so großer Stratege, wie Loki behauptet hatte, oder er hatte tatsächlich noch sehr viel mehr ergessen, als ihm bisher klar gewesen war. In den schmalen Gassen und Sträßchen Oesengards wäre es ihnen vermutlich gelungen, selbst die schier unbesiegbaren Einherjer voneinander zu trennen und einzeln zuüberwältigen. Sein Plan war nicht aufgegangen.

Die Angreifer hatten einen hohen Preis für die wenigen Stunden bezahlt, die sie die Herren Oesengards gewesen waren, doch der Blutzoll, den die Verteidiger für die Rückeroberung der Stadt entrichtet hatten, war noch ungleich höher, und ohne die unbezwingbare Kraft Mjöllnirs wäre die Schlacht möglicherweise trotz allem schon verloren gewesen. Thor war nicht einmal ganz sicher, ob sie selbst mit seiner Hilfe noch zu gewinnen war. Vielleicht spielte es keine Rolle, ob die Stadt niederbrennen würde oder nicht, weil am nächsten Morgen niemand mehr da sein mochte, der in ihren Mauern leben konnte."