Prolog
Callanish, Isle of Lewis, Schottland, im Jahre 1721
Schnelle Schritte. Keuchende Atemzüge. Gedämpfte Stimmen.
»Beeilt euch!«, rief Isabelle und raffte den Stoff ihres Rocks und Arisaids fester. Ihre Beine schmerzten vor Anstrengung, aber sie rannte unbeirrt weiter. Die Pferde waren der letzten Attacke des Dämons zum Opfer gefallen. »Wir sind fast da!«
Die Fackeln ihrer Begleiter warfen ein flackerndes Licht auf ihre Umgebung, erhellten das feuchte Gras und spiegelten sich in der stürmischen See der Bucht wider. Im Schein des Vollmonds ragten die ersten Steine von Callanish wie Mahnmale in der Nacht auf.
Bei ihrem Anblick glomm ein Hauch von Erleichterung in Isabelle auf. Sie hatten es beinahe geschafft. Sie mussten den Dämon in den Kreis der Monolithen locken, dann würde die Hexe ihr Ritual vollziehen und sie würden ihn besiegen. Diesmal endgültig.
Gellende Schreie ertönten hinter ihr. Isabelles Herz verkrampfte sich vor Furcht, doch sie drehte sich nicht um, hielt nicht an. Der Brollachan, eine der stärksten magischen Kreaturen, die je existiert hatten, jagte die Mitglieder des Ordens über die weiten Ebenen der Isle of Lewis, die so flach und verlassen waren, dass sie kaum Schutz boten. Dennoch waren die heiligen Steine von Callanish der richtige Ort, um dem Ganzen ein Ende zu bereiten. Der einzige Ort. Diese Bestie hatte schon zu viele Menschen getötet.
Nur Rob MacKenzie hatten sie es zu verdanken, dass sie es trotz der blutigen Kämpfe in den Highlands bis hierher auf die Isle of Lewis geschafft hatten. Denn während die anderen Mitglieder seiner Familie in diesem Augenblick gegen verfeindete Clans kämpften, war er mit ihnen gekommen, um sich einer anderen, einer viel größeren Bedrohung zu stellen.
In diesen Zeiten war es nirgendwo sicher, ganz gleich, auf welcher Seite man stand. Die Menschen bekriegten sich gegenseitig und wussten nicht einmal, dass die wahre Gefahr woanders lauerte. Sie ahnten nichts von den Dämonen und den Kämpfen im Verborgenen, die der Orden der Goldenen Flamme führte.
Ein weiterer Schrei in der Nacht. Isabelle biss die Zähne zusammen. Sie durfte sich nicht umdrehen, durfte sich nicht um die anderen sorgen. Ihre Pflicht stand über allem anderen. Sie waren diese Mission als Gruppe von dreißig Männern und Frauen angetreten, doch gerade mal die Hälfte von ihnen hatte es bis auf die Insel geschafft. Wenn es ihnen heute Nacht nicht gelang, den Brollachan zu vernichten, würden sie alle sterben – und unzählige weitere Opfer folgen.
Kurz bevor sie die Steine erreichte, tauchte James an ihrer Seite auf und griff nach ihrem Arm. »Isabelle …«
Die Wärme seiner Hand durchdrang sowohl den Stoff ihres Arisaids, der sie vor Wind und Kälte schützte, als auch ihren Hemdsärmel. Seine Brust hob und senkte sich so schnell, dass die Brosche an seiner Schulter, die seinen Plaid mit dem vertrauten Tartanmuster zusammenhielt, das Licht der Fackeln reflektierte.
»Für den Orden«, raunte er heiser. Sein Atem strich über ihr Gesicht, als er seine Stirn gegen ihre lehnte. »Für unsere Familie.« Mit rauen Fingern streichelte er ihr über die Wange. »Was auch immer passiert, ich liebe dich, Isabelle. Denke immer daran.«
Trotz der Schrecken, die hinter ihnen lagen, und der unbekannten Zukunft, die sich vor ihnen ausbreitete, quoll ihr Herz vor Freude über. Sie waren zusammen. Sie würden immer zusammenbleiben. Ein Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus und sie packte ihn an seinem Leinenhemd.
»Und ich liebe dich, James Beauvil«, erwiderte sie atemlos und sah ihm fest in die Augen. »Ganz gleich, was geschieht.«
Er nickte lächelnd. Ein letzter gestohlener Moment, dann mussten sie sich voneinander trennen. Die anderen Krieger und Krie