Erstes Kapitel
Es hat nur wenig Sinn, sich einer Verhaftung entziehen zu wollen.
Manche Polizisten haben Schlagstöcke, andere wiederum Revolver bei sich, und alle sind körperlich vortrefflich trainiert und geschult, mit störrischen Gefangenen umzugehen. Man kann einfach nicht gegen sie ankommen.
Dennoch wehrte ich mich, als Inspektor Kruskopp mich vor meiner Haustür am Mittwochabend beim Kragen packte, und ich fragte: »Welche Rechtfertigung haben Sie für dieses Verhalten, Inspektor?«
»Tut mir leid, Herr Friesland, das klären wir auf dem Revier.«
Ich begann mich auf das Recht zu berufen, was von Kruskopps Begleiter, einer jungen, muskulösen Sportskanone, kurzerhand übergangen wurde, indem er mich mit eisernem Griff am Arm packte.
Ich schaute auf seine weißen Knöchel und meinte ruhig: »Inspektor, würden Sie Ihren eifrigen Kollegen anweisen, seine Pfoten von mir zu nehmen?«
Der Polizeibeamte packte mich nur noch fester. »Ich weiß schon, dass Sie ein wichtigtuerischer Rechtsanwalt sind, der...«
»Lass ihn los«, sagte Kruskopp. »Unser Kommissar will nicht, dass er grob behandelt wird.«
Mein Arm schmerzte, als wir zum Funkstreifenwagen hinuntergingen, der am Straßenrand parkte. Ich müsste auf dem Rücksitz Platz nehmen; Kruskopp bezog neben mir Stellung, während der andere den Wagen lenkte. Er schien es eilig zu haben. Seine Art, durch den Verkehr von Hagensmoor zu fahren und sich mit Sirenengeheul den Weg frei zu machen, war ebenso anstrengend wie beeindruckend.
»Was für ein Draufgänger«, flüsterte ich Kruskopp zu. »Der wird sich noch in echte Schwierigkeiten bringen.«
Der Inspektor schaute geradeaus und antwortete nicht.
Mit klagender Stimme fuhr ich fort: »Warum diese Geheimniskrämerei, Inspektor? Rücken Sie schon raus mit der Sprache! Was geht hier vor?«
Er schaute mich immer noch nicht an, aber er brummte: »Nur Geduld!«
Ich warf ihm einen beleidigten Blick zu: »Das ist doch keine Art! Lesen Sie denn die Zeitung nicht? Erst letzte Woche forderte unser Bürgermeister alle Polizeibeamten auf, höflich und freundlich zu sein.«
Keine Antwort. Ich hätte von früheren Gelegenheiten her wissen dürfen, dass weder Drohung noch Schmeichelei etwas nützten. Inspektor Kruskopp hatte seine Anweisungen und war durch nichts zu bewegen, davon abzugehen. Er saß neben mir wie eine große, schweigende Sphinx im Konfektionsanzug.
Als wir in die Emsmauerstraße einbogen, wusste ich, wer mich zu sehen wünschte. In dem unfreundlichen Gebäude, vor dem wir hielten, arbeitete Kommissar Ingmar Stutenbrinck.
Eine unangenehme Ahnung beschlich mich, als ich aus dem Polizeiwagen kletterte und Kruskopp voran die Treppe hinaufstieg. Ich kannte mich hier gut aus und brauchte nicht nach dem Weg zu fragen. Im ersten Stock stand die Tür zu Stutenbrincks Büro offen, und der Kommissar saß hinter dem Pult. Er schaute mich mit strenger Miene an, ohne zu lächeln. Dies seltsame Benehmen des Kommissars fiel mir gleich auf. Ich kannte ihn doch seit vielen Jahren, und im allgemeinen freute er sich immer, mich zu sehen. Diesmal kein Händedr