: Martin Walser
: Das Schwanenhaus Roman
: Suhrkamp
: 9783518771006
: 1
: CHF 25.00
:
: Gegenwartsliteratur (ab 1945)
: German
: 233
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB

Erzählt wird der Kampf um etwas Wunderschönes, und wie die Kämpfer ausgerüstet sind. Das Schöne ist ein Haus, ein inniges Gehäuse am See, von Wänden und Fenstern leuchten Sehnsuchtsmotive. Die Kämpfer sind Händler. Das Haus steht leer. Die Besitzerin hat es verspielt. Der schöne Gegenstand wird Objekt des Konkurrenzkampfes. Wer wird es kriegen? Am meisten Aussicht hat Dr. Gottlieb Zürn. Glaubt er.



<p>Martin Walser wurde am 24. März 1927 in Wasserburg am Bodensee geboren. Nach seinem Arbeitsdienst erlebte er das Ende des Zweiten Weltkrieges von 1944 bis 1945 als Soldat der Wehrmacht. Nach Kriegsende machte er 1946 in Lindau am Bodensee-Gymnasium das Abitur und studierte an den Universitäten Regensburg und Tübingen Literaturwissenschaft, Geschichte und Philosophie. Mit einer Dissertation zu Franz Kafka wurde er 1951 in Tübingen promoviert. Von 1949 bis 57 arbeitete er beim Süddeutschen Rundfunk. In dieser Zeit unternahm er Reisen für Funk und Fernsehen nach Italien, Frankreich, England, CSSR und Polen und schrieb erste Hörspiele. 1950 heiratete er Katharina Neuner-Jehle. Aus dieser Ehe gingen die Töchter Franziska, Alissa, Johanna und Theresia hervor. Seit 1953 wurde Walser regelmäßig zu den Tagungen der Gruppe 47 eingeladen, die ihn 1955 für die Erzählung<em>Templ nes Ende</em> auszeichnete. Sein erster Roman<em> Ehen in Philippsburg</em> erschien 1957 und wurde ein großer Erfolg. Walser lebte von da an mit seiner Familie als freier Schriftsteller erst in Friedrichshafen und dann in Nußdorf am Bodensee.<br /> Martin Walser verstarb am 26. Juli 2023 inÜberlingen am Bodensee.</p>

2

Anna, die sich in Reginas Zimmer ein Bett gerichtet hatte, stürmte herein. Sie hat einen Termin bei Dr. Finkenbein für das EEG, aber sie muß auch Dr. Freisleben Reginas Morgenurin bringen, kann allerdings dort mit dem Auto kaum halten, also wäre sie froh, wenn Gottlieb sie bei Dr. Freisleben aussteigen lassen und mit Regina zu Dr. Finkenbein weiterfahren würde, oder ob er lieber den Urin . . . Nein, nein, er bringe Regina zum EEG. Die Nacht sei furchtbar gewesen, sagte Anna. Man sah es ihr an. Regina sah aus, als hätten ihr eine Nacht lang Gespenster im Gesicht herumgepatscht. Was gestern grauviolette Schatten im Augenumfeld gewesen waren, schien jetzt Farbe zu sein. Die Augen sahen rot daraus hervor.

Als Anna aus dem Auto stieg, sagte sie, sie werde nachher zu Dr. Finkenbein hinaufkommen und den Überweisungsschein mitbringen. An der Tür zum Wartezimmer des Nervenarztes war angeschlagen: 1.Oktober nicht vergessen, die Krankenscheine bringen. Außer ihm und Regina saß noch ein altes, von aller Farbe verlassenes Paar im Wartezimmer. ER sagte zu IHR hin: Ich saach, daß du nich’ bist wie sonst. Daß du’n Schwächeanfall gehabt hast. Sie schaute geradeaus, als habe sie nichts gehört. Nach einer langen Zeit sagte sie: Schwächeanfall. Sie sagte das, als sei sie von ihrem Mann tief enttäuscht, als habe sie etwas ganz anderes erwartet. Er, eigensinnig: Ich saache nich’ Kollaps. Sie reagierte nicht. Er, fast verzweifelt: Was soll ich denn saachen!? Dann kommt eine Frau mit Hörapparat herein, setzt sich in dem leeren Raum eng neben das Paar, als gehöre sie dazu, un