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BRÜSSEL, BELGIEN
In Budapest wartete am Kai ein grauer Mercedes der CIA auf sie. Lara fuhr ins Four Seasons. Harvath zum Flughafen. Sie waren beide erschöpft.
Keiner von beiden wollte sich den großen Gefühlen einer Trennung stellen. Es war einfacher gewesen, das Ganze mit zwei Flaschen Champagner so gut wie möglich zu betäuben, und sie hatten eine letzte, wilde Nacht hinter sich.
Sie gaben ein großartiges Paar ab – elegant, leidenschaftlich, und es knisterte, wenn sie zusammen waren. Die Tatsache, dass sie es nicht hinkriegten, dass etwas so Gutes in ein und derselben Stadt funktionierte, war irrsinnig.
Als es Zeit für den eigentlichen Abschied wurde, gab Lara ihm einen der besten Küsse, die er je bekommen hatte. Lang, langsam, sexy. Dann stieg sie aus dem Wagen, holte ihre Tasche aus dem Kofferraum und ging ins Hotel.
Harvath saß auf dem Rücksitz und starrte auf die polierten Glastüren.Was zum Teufel ist gerade passiert, fragte er sich. Es war, als hätte man ihm soeben den gesamten Sauerstoff aus der Lunge gesaugt.Habe ich sie wirklich gehen lassen?
Einige Momente vergingen, während er dasaß und alles zu begreifen versuchte. Schließlich unterbrach der Fahrer seinen Gedankengang. »Können wir jetzt zum Flughafen fahren, Sir?«
Die kurze Antwort lauteteNein. Er war nicht bereit, zum Flughafen zu fahren. Er wollte Lara auf ihr Zimmer folgen, die Tür abschließen und so tun, als hätte er nicht Ja zu Brüssel gesagt. Doch das konnte er nicht. Er hatte sein Wort gegeben.
Normalerweise reiste Harvath gern per Privatjet, insbesondere mit etwas so Luxuriösem wie einer Dassault Falcon 5X. Aber selbst das dramatische Panoramadach vermochte ihn heute nicht zu beeindrucken.
Er verrührte Salz, Zucker und eine Aspirin-Brausetablette in einem hohen Glas Tomatensaft mit Eis. Es schmeckte fürchterlich.
Nachdem er ein zweites Glas hinuntergekippt hatte, streckte er sich mit einer großen Flasche Wasser auf der weißen Ledercouch aus.
Die CIA verwendete eine verschlüsselte App, mit der er sich das Anbar-Video nur einmal ansehen und die Bilddateien anzeigen konnte. Das reichte auch.
Der IS war ein islamischer Todeskult, der versuchte, die Apokalypse einzuleiten. Je größer sie wurden, desto verkommener wurden sie.
Letztlich bestand ihr Ziel darin, die Ungläubigen in Dabiq, einem winzigen Kaff in Nordsyrien, zum Kampf zu bewegen. Nach einer entscheidenden Bodenschlacht würde der muslimische Messias wiederkehren. So ungefähr lautete zumindest eine uralte Prophezeiung. Harvath ging jede Wette ein, dass der Prophet Mohammed sich Kernwaffen niemals auch nur vorgestellt hatte.
Wenn es nach Harvath ging, würde er gleich die Atomraketen losschicken. Nach dem Abwurf von Flugblättern, in denen die Bewohner zur Flucht aufgefordert wurden, würde er erst Dabiq und dann Raqqa, die Hauptstadt des IS, dem Erdboden gleichmachen. Eine Bodenschlacht würde es nicht geben. Nur ausgedehnte Glasflächen. Die Barbaren des IS waren keinen weiteren Tropfen amerikanischen Blutes wert.
Aber es ging nicht nach Harvath. Es war Sache des Präsidenten der Vereinigten Staaten, und dieser verfolgte im Moment einen anderen Plan.
Er wollte wissen, wie es kam, dass das SAD-Team im Irak angegriffen wurde. Woher hatte der IS gewusst, dass sie dort waren?
Harvath hatte die Informati