: Wilfried Eggers
: Die oder ich
: Grafit Verlag
: 9783894258542
: 1
: CHF 7.20
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 178
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Hors 'Horschi' Kurbjuweit ist ein Außenseiter. Krank und einsam sitzt er in seiner Wohnung am Küchentisch, liest in Pornoheften und beschreibt Zettel mit seinen Lebensplänen. Nun hat Horschi Post bekommen - noch mehr schlechte Nachrichten. In ihm beginnt es zu arbeiten. Er sucht Rat bei Rechtsanwalt Peter Schlüter. Doch Recht bekommen wollen ist ein bürokratischer Akt. Während die juristischen Mühlen langsam mahlen, macht Horschi eine folgenschwere Entdeckung ... Wilfried Eggers ist ein großartiger Erzähler und das Beste: Er erfindet nichts!

Wilfried Eggers, geboren 1951, verheiratet, drei Kinder, ?berzeugter Moorbewohner. Seit Ende der Siebzigerjahre ist er als selbstst?ndiger Notar und Rechtsanwalt t?tig und hat so Einblick in das gesamte Spektrum des prallen Lebens. Seit 2000 schreibt er Kriminalromane. Sein Buch 'Paragraf 301' wurde als einer der f?nf besten Romane seines Erscheinungsjahres f?r den 'Friedrich-Glauser-Preis' nominiert.

Prolog


Oder jenseits der Gerechtigkeit


Ich werde es Ihnen erklären.

Ich muss mich nicht rechtfertigen. Ich würde es jeden Tag wieder so tun. Jeder, der bei Verstand ist, hätte gehandelt wie ich. Alles, was ich getan habe, beruht auf nüchterner Überlegung.

Also:

Eine Frau berührte mich. Sie seufzte, rieb ihren Leib brünstig an meinem, ihre Brüste an meiner Wange. Ich spürte es, so wie ich jetzt meinen rechten Handballen über das Papier rucken spüre beim Schreiben.

»Wach auf!«

Keine Brüste mehr. Nur ein kalter Luftzug. Ich brachte ein Auge auf, sah eine Hand über meinem Gesicht. Der Fingernagel am kleinen Finger eunuchenhaft lang und zu einer Kralle gebogen.

Ein Trugbild. Ich schloss mein Auge.

Und wieder fühlte ich diese wunderschönen Brüste an meinem Gesicht, an meiner Haut. Die Warzen richteten sich auf. Sie strömten einen betörenden Duft aus, nach Schweiß und Honig. Ich wollte sie küssen, sie in mich aufnehmen, die Frau umarmen. Aber sie kicherte und hielt meine Hände fest.

»Komm, Liebste«, hörte ich mich sagen. Ich hatte mich noch nie getraut, so zu einer Frau zu sprechen. Ich habe nicht sehr viel Erfahrung mit Frauen. Ich fühlte mich frei von aller Last.

»Du Schlingelchen, du schlimmes, sei still …«

Still sollte ich sein. Die Hände hielt sie mir fest. Ich hätte sie so gern umarmt.

»Du bist mir einer! Pennst mir glatt weg!«

Das war nicht ihre Stimme. Das war eine trockene blecherne Stimme, die Stimme eines Automaten.

Ich sah in ein verschrumpeltes Kindergesicht, auf dem sich dürre Büschel fetter Haare sträubten.

»Hast du auch ’ne Frau umgebracht, Kumpel?«

»Wieso soll ich eine Frau umgebracht haben?«, fragte ich und wollte fort von diesen Augen, die mich anstarr