1. KAPITEL
6. April 1806
Lady Portmeadows Ball zu Ehren des East End Armenhospitals
Golden Square 15
Um Punkt neun Uhr abends fiel Lord Cedric Allardyce elegant auf die Knie und hielt formvollendet um Miss Merry Pelfords Hand an.
Merry starrte auf seine buttergelben Locken herunter und konnte es kaum fassen, dass dies tatsächlichihr passierte. Mühsam unterdrückte sie ein nervöses Kichern, als Cedric ihre Finger für ihre Zartheit bewunderte, ehe er ihr einen Diamantring auf einen dieser Finger schob.
Es fühlte sich an, als würde sie auf der Bühne stehen und eine Rolle spielen, die für eine grazile, feminine Engländerin vorgesehen war. Die Schauspielerin war nicht aufgetaucht, und Merry Pelford, die einem Storch nicht unähnlich war, hatte ihren Platz eingenommen.
Doch um zwei Minuten nach neun, nachdem Cedric sein schwärmerisches Anliegen vorgetragen hatte, zwang sie ihre nervösen Bedenken zurück und willigte ein, seine Frau zu werden.
Zurück im Ballsaal, schien ihrer Anstandsdame nicht aufzufallen, dass Cedric und Merry nicht zusammenpassten. „Ihr beide ergänzt euch ganz wunderbar, wie Tag und Nacht“, sagte ihre Tante Bess und musterte Cedrics blondes Haar. „Nein, wie Mitternacht und Dämmerung. Das ist nicht schlecht, ich muss es mir gleich notieren.“
„Meine Tante ist eine Dichterin“, erklärte Merry Cedric.
Ehe Bess ihre Künste unter Beweis stellen konnte, indem sie ein paar Zeilen zum Besten gab, zog ihr Onkel Thaddeus Cedric schon mit sich fort ins Kartenzimmer. Onkel Thaddeus machte keinen Hehl daraus, dass er Reime gleich welcher Art verabscheute. Merry zog sofort ihre Handschuhe aus und zeigte ihren Diamantring vor.
„Cedric ist mit dem Prince of Wales befreundet“, flüsterte sie.
Bess hob eine Braue. „Es ist immer hilfreich, mit den Mächtigen bekannt zu sein. Obwohl ich es nicht besonders erstrebenswert finde, diesen Mann um seiner selbst willen zu kennen.“
Merrys Tante war in dem Bostoner Stadtteil Beacon Hill aufgewachsen, einer der Wiegen der amerikanischen gehobenen Gesellschaft. Ihr Vater war ein Cabot und ihre Mutter eine Saltonstall. Bess Pelford glaubte fest daran, dass sie die Créme de la Créme der Gesellschaft repräsentierte. Und diese Überzeugung geriet auch in Gegenwart von überaus arroganten Adligen nicht ins Wanken.
„Cedric findet, dass Seine Hoheit ungerecht dargestellt wurde“, sagte Merry stur. Sie würde einen Engländer heiraten, und das bedeutete, dass sie sich die englische Denkart zu eigen machen musste.
„Der ei