: Klaus-Peter Wolf
: Todesspiel im Hafen Sommerfeldt räumt auf
: S. Fischer Verlag GmbH
: 9783104904825
: Sommerfeldt
: 1
: CHF 10.00
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 384
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Er ist charmant. Er ist intelligent. Und er kann töten. 'Todesspiel im Hafen' ist der dritte Band mit Dr. Bernhard Sommerfeldt von Nummer-1-Bestseller-Autor Klaus-Peter Wolf. 'Nur, wer sich selbst aufgibt, ist verloren. Man kann im Leben verdammt tief fallen. Aber man kann auch wieder aufstehen und das Spiel von vorn beginnen. Als Johannes Theissen war ich ein Opfer. Unglücklich. Eine traurige Gestalt. Als Dr. Bernhard Sommerfeldt stieg ich in Ostfriesland zu einem geachteten, beliebten Mann auf. Nun, da Ann Kathrin Klaasen mich verhaftet hat, wähle ich einen anderen Weg, um aus diesem Gefängnis herauszukommen: Ich werde krank werden. Mit meinen guten Kenntnissen des menschlichen Körpers dürfte es mir nicht schwer fallen, eine Krankheit vorzutäuschen. Denn ich habe noch einige Rechnungen offen, die ich begleichen möchte...' 'Manchmal macht Sommerfeldt mir Angst, dann wieder möchte ich gern mit ihm befreundet sein und wäre sogar bereit, ihn zu verstecken. Er ist der typische Antiheld unserer Tage, sympathisch, belesen, ein Feinschmecker, und doch überaus gefährlich. Genau deshalb lesen so viele Menschen gern von ihm.' Klaus-Peter Wolf

Klaus-Peter Wolf, 1954 in Gelsenkirchen geboren, lebt als freier Schriftsteller in der ostfriesischen Stadt Norden, im selben Viertel wie seine Kommissarin Ann Kathrin Klaasen. Wie sie ist er nach langen Jahren im Ruhrgebiet, im Westerwald und in Köln an die Küste gezogen und Wahl-Ostfriese geworden. Seine Bücher und Filme wurden mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Bislang sind seine Bücher in 26 Sprachen übersetzt und über fünfzehn Millionen Mal verkauft worden. Mehr als 60 seiner Drehbücher wurden verfilmt, darunter viele für »Tatort« und »Polizeiruf 110«. Der Autor ist Mitglied im PEN-Zentrum Deutschland.Die Romane seiner Serie mit Hauptkommissarin Ann Kathrin Klaasen stehen regelmäßig mehrere Wochen auf Platz 1 der Spiegel-Bestsellerliste, derzeit werden mehrere Bücher der Serie prominent fürs ZDF verfilmt und begeistern Millionen von Zuschauern.

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Ich komme mir vor, als hätte mir jemand Drogen ins Essen gemischt. Es gab heute Chili con Carne und zum Nachtisch Quark mit Kirschen.

Gut, im Smutje oder im Dock N°8 schmeckt es besser, aber das Essen ist recht erfreulich. Lange nicht so, wie man sich »Knastfraß« vorstellt. Vielleicht liegt es daran, dass der Küchenjob von Häftlingen erledigt wird, natürlich unter der Anleitung von richtigen Köchen.

Sehr gerne würde ich mich in die Küche versetzen lassen. Von gutem Essen und der Zubereitung verstehe ich ja doch einiges, aber meine Chancen sind sehr gering. Man muss besonders geeignet für den Job sein, und damit sind zunächst nicht die Kochkünste gemeint, sondern der Gefangene braucht eine Genehmigung für den Umgang mit scharfen Messern. Hinterher werden die Messer natürlich trotzdem jedes Mal penibel gezählt, damit keiner eins mitnimmt. Aber ich fürchte, als jemand, der mehrere Menschen mit einem Messer ins Jenseits befördert hat, ist meine Chance nicht sehr groß, hier als unproblematisch eingestuft zu werden.

Jetzt sitze ich vor dem Fernseher. Ich sehe mich selbst, höre mich reden, und alles, was ich sage, stimmt. Aber es hört sich trotzdem falsch an. Gelogen.

Kommentare werden reingeschnitten. Gutachter befragt. Wieder – zum wievielten Mal eigentlich – sehe ich meine Gelsenkirchener Therapeutin Bärbel, die behauptet, mich sehr gut zu kennen. Ich sei zu solchen Taten gar nicht fähig.

Meine Blicke und Gesten werden gedeutet. Der Journalist Holger Bloem dreht voll auf. Er wirkt, als sei er total auf meiner Seite. Er erzählt, wie übel man mir in Bamberg mitgespielt habe. Ich sei um mein Erbe gebracht worden, und man habe mich als Sündenbock für den Firmenzusammenbruch konsequent aufgebaut.

Er fragt: »Wenn er der gesuchte Serienkiller ist, warum hat er dann diese Menschen verschont und stattdessen scheinbar wahllos Opfer gesucht? Ich selbst habe mich viele Stunden in seiner Gewalt befunden. Er hat mich höflich, ja zuvorkommend behandelt. Wir haben über Kunst und Literatur diskutiert. Nein, wenn Sie mich fragen, er ist tief in seinem Herzen ein gebildeter, hochintelligenter Menschenfreund. Kein Wunder, dass er als Hausarzt in Norddeich so beliebt war.«

Monika und Jörg Tapper vom Café ten Cate schildern mich als ruhigen, freundlichen Stammgast, der gern bei ihnen im Café saß und Romane las.

Im Anschluss spricht noch einmal meine Therapeutin Bärbel. Sie halte es für möglich, dass ich sogar selbst glauben würde, die Morde begangen zu haben. Es gäbe ja Äußerungen von mir, die dies vermuten ließen. Ich sei schließlich ein verhinderter Künstler, der mit diesen Ausführungen seinen Durchbruch schaffen wolle. Es seien aber reine Hirngespinste. Sie nennt es »Allmachtsphantasien«. Das könne so stark werden, dass ein Mensch die eigenen Phantasien am Ende für Realität halten würde. Für wahrer als die Wirklichkeit.

Der eine – sagt sie – hält sich für Napoleon, der andere eben für einen Serienkiller. »Es gibt auch Leute«, formuliert sie lächelnd in die Kamera, »die halten sich für unwiderstehlich, sie sind es aber ganz und gar nicht. Von der Sorte kennt doch jeder von uns ein paar …«

Mit diesen Worten, schlagfertig und mit dem ironischen Unterton, der für die Leute aus dem Ruhrpott so typisch ist, hebelt sie im Grunde alles aus, was ich gestanden habe. Genau so habe ich diesen Menschenschlag in Gelsenkirchen kennengelernt. In jedem Satz, den sie sprechen, liegt das Wissen darum, dass die Welt verrückt ist, völlig kopfsteht und man nicht alles ernst nehmen darf. Das haben die Ruhris, die Rheinländer und die Ostfriesen wohl gemeinsam: dieses stille Einverständnis darüber, dass alle anderen spinnen.

All diese Menschen, mein Anwalt, meine Therapeutin, Holger Bloem, dieses ganze Fernsehteam, sie meinen es im Grunde gut mit mir, wollen mir helfen, mir beistehen.

Warum werde ich trotzdem so fassungslos wütend auf sie?

Sie mögen mich. Sie stehen in schwierigster Zeit an meiner Seite, und ich werde nur sauer. Ich kann mich kaum bewegen vor Zorn. Mein Kopf schmerzt. Ich möchte brüllen, bleibe aber stumm.<