Samstag
Der Samstagmorgen darauf bringt mehr Regen und vor allem mehr Ballett an der Académie. Er bringt auch ein bisschen Berlioz und Ravel zum Aufwärmen, vor allem aber Tschaikowsky.
Den meisten Lehrern ist es unter der Woche ziemlich egal, was ich klimpere, so lange es einigermaßen zu ihren Stunden passt, nur samstags ist gar nichts egal, weil für eine der beiden großen Aufführungen im Jahr geprobt wird. Entweder für den »Nussknacker« kurz vor Weihnachten oder so wie jetzt »Schwanensee« vor der Sommerpause.
Seit einer Stunde schon hüpfen vier kleine Schwäne unter der Anleitung von Madame Blanchard, der Leiterin des Ballettinstituts höchstpersönlich, durch den Saal. Über das Alter von Agnès Blanchard gehen die Meinungen auseinander. Manche sprechen von über fünfzig auf jeden Fall, andere wähnen sie sogar in ihren frühen Sechzigern. Alles, was wir wissen, ist, dass sie in den 80ern für das Pariser Opernballett getanzt hat und ziemlich berühmt war.
Ich persönlich glaube ja, sie hat gar kein Alter. Agnès ist neben meinem Flügel stehengeblieben, legt eine Hand auf das Holz und dirigiert mit der anderen die kleinen Schwäne.
Ab und an wirft sie mir einen Blick zu, in dem die flüchtige Andeutung eines Lächelns liegt. Agnès mag mich. Warum, weiß ich nicht, aber ich hatte schon das Gefühl