: Gabriele Popma
: Flammender Abgrund
: tolino media
: 9783739328881
: 1
: CHF 3.20
:
: Gegenwartsliteratur (ab 1945)
: German
: 388
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
In ihrem geerbten Haus in Arizona sucht die junge Deutsche Jessica Abstand von ihren Problemen. Als sie sich in den charismatischen, aber undurchsichtigen Vagabunden David verliebt, hängt ihr Himmel voller Geigen. Doch ein alter Brief ihrer Mutter zerstört ihr Liebesglück und stellt ihre Welt komplett auf den Kopf. Zusammen mit David begibt sie sich auf die Suche nach der Wahrheit und deckt Geheimnisse auf, die sie nach San Francisco führen. Dort gerät sie unvermittelt in eine gefährliche Intrige, bei der ihre Familie alles verlieren könnte. Und plötzlich steht auch Davids Leben auf dem Spiel.

Gabriele Popma ist Jahrgang 1963 und als wissenschaftliche Bibliothekarin ein alter Hase im Büchergeschäft. 1996 veröffentlichte sie ihren ersten Roman. Nachdem ihre erwachsenen Kinder ausgeflogen sind, arbeitet sie nun wieder als Autorin. Mit ihrem niederländischen Mann lebt sie im südlichen Bayern und liebt neben dem Schreiben ihren Garten, große Stickbilder, die sie aus Zeitmangel nie beenden wird, und ihr altes Akkordeon.

1


 

Mein Gott, worauf hatte ich mich da nur eingelassen? In stummer Verzweiflung sank ich auf einen Stuhl und starrte den leeren Koffer an. Warum um alles in der Welt hatte ich nur so übereilt gehandelt? Völlig aus dem Nichts war der Entschluss gekommen und für einen Plan war er immer noch erschreckend planlos. Ich sah hinaus in den regenverhangenen Abend, der meine Laune weiter drückte und die freudige Erregung der letzten zwei Tage verschwinden ließ. Je näher die Abreise rückte, umso unsicherer wurde ich.

Dabei wusste ich nicht einmal, was mir die Schmetterlinge im Bauch bescherte. Eigentlich freute ich mich auf den Trip. Es war meine eigene Entscheidung gewesen, ihn ganz allein, ohne Begleitung zu unternehmen, also sollte ich deshalb nicht das große Nervenflattern bekommen.

Es klingelte an der Wohnungstür. Ich kannte dieses besondere Klingeln. Mein Bruder Christian deutete damit sein Kommen an. Obwohl er einen Schlüssel hatte, drückte er immer kurz auf den Klingelknopf, bevor er hereinkam, um mich vorzuwarnen.

Kaum eine Minute später klopfte es an der Tür zu meinem Schlafzimmer. »Und? Schon alles gepackt?« Chris grinste, als er den Koffer sah. »Du reist wirklich mit leichtem Gepäck, oder?«

Ich warf ihm einen Blick zu, der zwischen Belustigung und Ärger schwankte. »Ich habe keine Ahnung, was ich einpacken soll«, gestand ich.

»Arizona ist um diese Jahreszeit recht warm«, antwortete er leichthin. »Die dicken Pullis kannst du größtenteils daheim lassen.«

»Danke, das hilft mir ungemein.«

Chris nahm mich bei den Schultern, drehte mich zu sich herum und drückte mich brüderlich an seine Brust. »Du bist ganz schön nervös«, stellte er fest.

»Ich fliege morgen allein nach Amerika«, murmelte ich in sein Hemd. »Ich gebe zu, das macht mich durchaus ein wenig kribbelig.«

»Du wolltest unbedingt alleine fliegen. Du weißt, ich hätte Urlaub nehmen und dich begleiten können.«

Ich drückte mich von ihm weg. Auch wenn ich meinen Bruder sehr mochte, mit ihm zusammen in Urlaub fliegen wollte ich nicht. Das wäre kontraproduktiv zu meinen Vorstellungen einer Auszeit gewesen. »Bist du mein Babysitter?«, fragte ich spöttisch. »Oder hast du nur Angst, dass du niemanden findest, der dir jetzt die Wäsche macht?«

Er kicherte vergnügt. »Erwischt. Deine Dienste werde ich wirklich sehr vermissen.«

Lächelnd wandte ich mich ab. Chris hatte seinen Junggesellenhaushalt gut im Griff, aber waschen und bügeln waren zwei Dinge, die er einfach nur hasste, während ich nichts dagegen hatte und ihm diesen schwesterlichen Dienst ab und zu gerne erwies.

»Dann such mir einen neuen Job und ich bleibe hier.«

Was so leicht dahin gesagt war, hatte eine unglaubliche Wirkung auf mich selbst. Ich war wieder in der Realität angekommen. Wie schon so oft in den letzten Wochen stieg das Gefühl in mir auf, ein Versager zu sein. Warum hatte man ausgerechnet mir gekündigt? Als die kleine Bankfiliale, in der ich seit Jahren arbeitete, geschlossen werden musste, wurde ein großer Teil der Belegschaft in die Hauptstelle übernommen. Ich war mir sicher gewesen, dass auch ich dazu gehören würde. Meine Beurteilungen waren stets gut und ich war bei Kunden und Kollege