: Klaus-Peter Wolf
: Ostfriesensünde Kriminalroman
: S. Fischer Verlag GmbH
: 9783104010045
: Ann Kathrin Klaasen ermittelt
: 1
: CHF 10.00
:
: Gegenwartsliteratur (ab 1945)
: German
: 400
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Mord an der Nordseeküste Was geschah damals wirklich bei dem Banküberfall, bei dem Ann Kathrins Vater ums Leben kam? Bis heute konnte dieser Fall nicht geklärt werden. Doch jetzt verfolgt Ann Kathrin eine neue Spur. Es sind Fotos ihres Vaters aufgetaucht, die nicht zu dem Bild passen, das Ann Kathrin von ihrem Vater hat. Aber als Ann Kathrin die Frau aufsucht, der die Fotos gehören, liegt diese tot im Wohnzimmer. Ein Zufall? ** Der neue Film: 'OstfriesenSühne': Mit Julia Jentsch in der Hauptrolle. Nach Motiven des Buches 'OstfriesenSünde'.

Klaus-Peter Wolf, 1954 in Gelsenkirchen geboren, lebt als freier Schriftsteller in der ostfriesischen Stadt Norden, im selben Viertel wie seine Kommissarin Ann Kathrin Klaasen. Wie sie ist er nach langen Jahren im Ruhrgebiet, im Westerwald und in Köln an die Küste gezogen und Wahl-Ostfriese geworden. Seine Bücher und Filme wurden mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Bislang sind seine Bücher in 26 Sprachen übersetzt und über fünfzehn Millionen Mal verkauft worden. Mehr als 60 seiner Drehbücher wurden verfilmt, darunter viele für »Tatort« und »Polizeiruf 110«. Der Autor ist Mitglied im PEN-Zentrum Deutschland.Die Romane seiner Serie mit Hauptkommissarin Ann Kathrin Klaasen stehen regelmäßig mehrere Wochen auf Platz 1 der Spiegel-Bestsellerliste, derzeit werden mehrere Bücher der Serie prominent fürs ZDF verfilmt und begeistern Millionen von Zuschauern.

Ansgar Kröger wusste, dass er etwas Verbotenes tat, als er das Haus betrat. Es war ein unheimliches Gebäude. Er konnte es vom Fenster seines Kinderzimmers aus sehen. »Ein Rattenloch« nannte sein Vater es abschätzig und die Mutter »die ewige Baustelle«. Aber es war ein spannender Spielplatz für Ansgar.

Ansgar wollte später einmal Pirat werden und große Abenteuer erleben. Er träumte davon, gegen Riesenkraken zu kämpfen, unbekannte Inseln zu entdecken und schöne Frauen zu retten.

Er hörte Bettina Göschls Piratenlieder. Er konnte jedes Lied von derCD auswendig mitsingen. Er wollte sich Bettina und ihrer Bande anschließen, um dem bösen König das Gold zu stehlen und unter die Armen zu verteilen. Er wollte ein guter Pirat werden. Einer, den die Menschen lieben. Einer, auf den die Mutter stolz sein kann.

Jetzt saß Mama auf der Terrasse und sprach mit Tante Hedi, die einen neuen Freund hatte, was aber keiner wissen durfte, weil der noch verheiratet war. Die Frauen frühstückten zusammen und waren viel zu sehr mit sich beschäftigt, um auf Ansgar zu achten.

Er wollte nur ganz kurz in das Gebäude. Er musste sich selbst beweisen, dass er mutig genug war. Kein kleiner Schisser wie Gerrit.

Aber dann hörte Ansgar dieses Geräusch. Da war ein Klopfen in der Wand. Es gab dort keine Tür, nur diese Mauer. Aber dahinter musste jemand wohnen.

»Hallo?«, sagte Ansgar. »Hallo?«

Er kam sich komisch dabei vor, in diesem leeren Raum »Hallo« zu rufen, doch er wusste, dass Ratten Angst vor Geräuschen hatten. Sie würden ihn nicht beißen. Sie würden vor ihm fliehen, wenn dies wirklich ein Rattenloch war.

Er trat fest mit dem Fuß auf. Er hatte es im Fernsehen gesehen. Ratten und Schlangen fliehen, wenn sie die Füße der Menschen auf dem Boden trampeln hören. Sogar Haie fliehen, wenn man unter Wasser laut schreit. Aber er durfte auch nicht zu laut sein. Mama und Tante Hedi sollten ihn nicht auf der Terrasse hören.

Ratten haben gute Ohren. Ein Flüstern musste reichen.

»Hallo? Hallo?«

Dann bekam er eine Antwort: »Ich bin hier! Hier! Ich werde hier gegen meinen Willen festgehalten. Bitte helfen Sie mir! Holen Sie mich hier raus! Ich heiße Judith Harmsen! Ich werde hier gegen meinen Willen … «

»Wo bist du?«

»Hier, hier, hinter der Wand!«

Sie schlug so heftig gegen die Steine, dass Ansgar zurückschreckte.

»Hinter der Wand?«

»Ja, hier! Ich bin hier! Bitte … «

Sie erkannte die Kinderstimme. Ein spielendes Kind. Die Rettung!

»Ich heiße Judith Harmsen. Wie heißt du?«

»Ansgar Kröger.«

»Ansgar! Böse Menschen haben mich hier eingemauert. Bitte befrei mich!«

»Bist du ein Geist?«

»Nein, ich bin kein Geist. Ich heiße Judith Harmsen. Ich wohne eigentlich in Bremen. Ich bin nicht freiwillig hier.«

Ansgar kannte eine Geschichte von einem Geist, der in einer Flasche eingesperrt worden war. War das hier so ähnlich? Hatte er auch drei Wünsche frei, wenn er Judith Harmsen befreite?

Er überlegte, was er sich wünschen sollte. Eine Ritterburg mit vielen Figuren, so wie der Gerrit sie hatte. Und vielleicht für Mama ein eigenes Auto, damit sie sich nicht immer mit Papa zanken musste, wer den altenBMW fahren durfte.

»Ansgar, bitte, lauf ganz schnell nach Hause zu deinen Eltern! Sag ihnen, dass ich hier sitze. Ich heiße Judith Harmsen. Sie sollen die Polizei rufen! Bitte beeil dich, bevor der Mann zurückkommt und dich auch schnappt!«

Ansgar drehte sich um. Da war kein Mann. Und er wollte nicht feige sein.

»Meine Mama darf nicht wissen, dass ich hier bin. Ich darf hier gar nicht hinkommen.«

»O mein Gott, nein! Muss mich ausgerechnet ein Kind hier finden? Wie alt bist du, Ansgar?«

»Fünf.«

»Wo wohnst du?«

»Direkt h