: Susanne Fletemeyer
: Und mitten im Sommer die Liebe Roman
: Emons Verlag
: 9783987071737
: 1
: CHF 9.80
:
: Gegenwartsliteratur (ab 1945)
: German
: 288
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Von Liebe, Freundschaft, Abschied und neuen Anfängen. Mit fünf Männern ausgehen und sich bestenfalls in einen von ihnen verlieben? Für Luisa unvorstellbar! Doch ein Brief ihres verstorbenen besten Freundes fordert sie genau dazu auf - und liefert die Kandidatenliste gleich mit. Dabei weiß Luisa gar nicht mehr, wie das mit dem Verlieben geht. Sie nimmt die Herausforderung trotzdem an und stürzt sich in ein Abenteuer, das sie durch Hannover, auf einen Alpaka-Hof und bis ans Steinhuder Meer führt. Wird Luisa auf ihr Herz hören und den Richtigen erkennen?

Susanne Fletemeyer, geboren 1967 in Bad Pyrmont, erschafft sich mit dem Erfinden von Geschichten den perfekten Gegenpol zu ihrem Beruf als technische Redakteurin. Wenn sie nicht gerade Bedienungsanleitungen schreibt, erweckt sie leidenschaftlich gern skurrile Charaktere auf dem Papier zum Leben. Sie lebt mit ihrer Familie in der Region Hannover. www.fletemeyer.net

2

Luisa schwang sich auf ihr Fahrrad und machte sich auf den Weg zur Lister Meile, wo Gabriele Grießbach ihre Praxis hatte. In der Nachmittagshitze brachte der Fahrtwind kaum Kühlung, und so war sie dankbar, einen Großteil der Strecke im Schatten der Eilenriede zurücklegen zu können. Ein Kleinkind auf einem winzigen Fahrrad schlingerte ihr entgegen, dahinter fuhr die Mutter, allzeit bremsbereit und damit rechnend, dass ihr Nachwuchs sich langmachte. Luisa schmunzelte. Als ihre Tochter noch klein gewesen war, hatten sie vermutlich ein ähnliches Bild abgegeben. Doch nicht lange, und Hannah war so rasant davongeflitzt, dass sie Mühe gehabt hatte, sie einzuholen. Einmal war Erik der Kleinen hinterhergejagt und hatte sie nur noch kurz vor knapp daran hindern können, aus dem Stadtwald auf die verkehrsreiche Straße zu fahren. Beobachter hielten ihn damals sicher für ihren Vater. Und für Hannah war er das in vielerlei Hinsicht auch gewesen. Luisa lächelte bei der Erinnerung. Das Kleinkind war Geschichte, ihre Tochter längst flügge. Die Neunzehnjährige verbrachte gerade ein Auslandsstudienjahr in San Francisco.

Am Lister Platz stieg Luisa ab und schob ihr Rad durch die Fußgängerzone. Bis zu ihrem Termin hatte sie noch etwas Zeit. Sie war extra etwas früher losgefahren, um beim Bäcker für einen Snack Halt zu machen. Das Mittagessen hatte sie wegen der Dackeloperation verpasst, aber seit Hannah in Amerika und sie für sich allein war, hatte sie ohnehin wenig Ambitionen zu kochen. Sie sah auf die Uhr, die in der Bäckerei an der Wand hing, und rechnete nach. In San Francisco war es jetzt fünf Uhr morgens.

Sie kaufte sich einen Kaffee und ein belegtes Brötchen, setzte sich damit nach draußen und beobachtete das Treiben in der Fußgängerzone, als sie im Augenwinkel eine vertraute Bewegung wahrnahm. Ging das etwa schon wieder los? Genervt schloss sie die Augen, zählte bis zehn und hoffte inständig, dass er verschwinden würde. Aber als sie die Augen wieder öffnete, sah sie Erik immer noch neben sich sitzen. Trotz der Hitze trug er Jeans und seinen Lieblingspullover, den dunkelblauen mit dem Rautenmuster, mit dem er immer wie aus der Zeit gefallen gewirkt hatte. Luisa wusste inzwischen, dass sie nicht verrückt war. Ihr Puls beschleunigte sich zwar, wenn sie diese Visionen von ihm hatte, aber sie verfiel nicht mehr in panische Schnappatmung. »Betrachten Sie diese Begegnungen als Geschenk«, hatte Dr. Grießbach ihr geraten. »Bleiben Sie gelassen. Werten Sie nicht.« Angesichts des Briefs, den sie am Morgen gefunden hatte, fiel Luisa das heute allerdings verdammt schwer.

Sie hielt die Luft an und kniff die Augen fest zusammen. »Lass mich in Ruhe«, befahl sie ihm in Gedanken. Als sie langsam ausatmete und die Lider hob, hatte sich Eriks jenseitiges Echo in Luft aufgelöst. »Na also. Geht doch.« Schnell leerte sie den lauwarmen Kaffee, stand auf und knallte das Tablett in die Geschirrabgabe. Dann schloss sie ihr Fahrrad auf und schob es weiter bis zur Praxis, wo sie es mit fliegenden Fingern ankettete. Aufgewühlt, wie sie war, kam ihr der Termin bei der Psychotherapeutin ganz gelegen.

Gabrie