: Christian Dörge
: AUGSBURG IM NEBEL Ein Kriminal-Roman
: Signum-Verlag
: 9783757944261
: 1
: CHF 4.80
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 155
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Augsburg im Jahre 1965. Eine kalte Nebelnacht im November. Durch den Nebel schimmern die Lichter des Hauses der Familie Waldstätten - scheinbar friedlich, in tiefes Schweigen gehüllt. Doch in dieser Nacht geschieht in diesem Haus am Hunoldsgraben ein brutaler Mord - und jeder aus der Familie scheint als Täter in Frage zu kommen. Wirklich jeder? Inspektor Aumüller, ein Freund der Familie, wird an den Tatort gerufen. Und noch während er fieberhaft ermittelt, schlägt der Mörder - oder die Mörderin? - ein zweites Mal zu... AUGSBURG IM NEBEL von Christian Dörge, Autor u. a. der Krimi-Serien JACK KANDLBINDER ERMITTELT, EIN FALL FÜR REMIGIUS JUNGBLUT, DIE UNHEIMLICHEN FÄLLE DES EDGAR WALLACE und FRIESLAND, ist ein spannender Whodunit-Regionalkrimi aus Bayrisch-Schwaben.

Christian Dörge, Jahrgang 1969. Schriftsteller, Dramatiker, Musiker, Bildender Künstler, Theater-Schauspieler und -Regisseur.

  Zweites Kapitel


 

 

Erst vor einer Woche hatte Rosie zu Matilda gesagt: »Ich muss dich etwas fragen, Tilda. Ich fürchte, ich stecke furchtbar in der Tinte. Es kann nämlich sein, dass ich ein Kind kriege.«

Tilda erstarrte. Mit einer Hand hielt sie Emma am Nachthemd fest. Der wurde es zu dumm, und sie streckte die Zunge heraus. Aber das war streng verboten und brachte wieder Leben in Tilda. Sie legte das Kind übers Knie, gab ihm einen Klaps auf das rosa Hinterteil und stieß dabei resigniert hervor: »Ach, Rosie!«

»Es hat keinen Zweck, sich darüber aufzuregen«, sagte Rosie. »Es ist nun einmal passiert.«

»Nimm das nicht so leicht«, entgegnete Matilda, stellte die gleichgültige Emma wieder aufrecht und verdarb ihren Erziehungsversuch durch doppelte Zärtlichkeit. »Ein uneheliches Kind ist kein Spaß. Besonders nicht im Alter von achtzehn Jahren.«

»Großer Gott, du glaubst doch nicht etwa, dass ich es bekommen will?«

»Was hast du denn vor?«

»Du liebe Zeit, da gibt es doch tausend Möglichkeiten. Alte Hexen in Hinterhöfen, aber ich kann ja auch zu Leopold gehen.«

Leopold war Thomas Waldstättens Partner in der Arztpraxis.

»So etwas... würde Leopold nie tun.«

»Vielleicht nicht für andere Leute, aber bestimmt für mich. Er ist doch furchtbar hinter mir her, nicht wahr?«

»Das schon. Gott steh ihm bei! Umso mehr ein Grund, dir unter diesen Umständen nicht zu helfen. Und was in aller Welt wird Thomas dazu sagen?«, fügte Tilda kläglich hinzu.

»Vielleicht braucht er gar nichts zu erfahren«, sagte Rosie rasch.

»Sei doch nicht albern, Kind. Wenn man mit einem Arzt unter einem Dach lebt...«

Rosie war Thomas’ Schwester, aber knapp halb so alt wie er. Während seiner Ausbildung war sie eine Belastung für ihn gewesen, aber da sie mit ihrem hübschen, runden Gesicht, den Bernsteinaugen und dem blonden Lockenschopf nicht viel alberner wirkte als andere Mädchen, hatte er sie mit einer Art idealistischer Leidenschaft großgezogen und in ihr, so sachlich er sonst war, ein Muster von Tugend und Charme gesehen. Matilda hatte in den zwölf Jahren ihrer Ehe verschiedentlich versucht, ihm klarzumachen, dass die Verbindung von so viel körperlicher Anziehungskraft, achtloser Großzügigkeit und Dummheit früher oder später Gefahren mit sich bringen musste. Aber Thomas war in Rosie vernarrt; er hatte zwar zugegeben, sie sei absolut idiotisch, wie übrigens alle Mädchen ihres Alters, aber im Gegensatz zu ihnen so treu wie Gold. Zu allem Überfluss hatte er sie in ein Internat in die Schweiz geschickt und sich immer noch darauf verlassen, Hut und Schuluniform würden sie schützen. Aber kaum war der Zug abgefahren, hatte sie schon das für Damen reservierte Abteil verlassen, um ihren ersten Flirt anzufangen. Trotz der freundlichen Hilfe und der Beaufsichtigung durch Matildas einstige Flamme Raoul Lefebre war Rosie aus Genf nun wieder in den Schoß der Familie zurückgekehrt.

Raoul Lefebre! Tilda deckte das schläfrige Baby zu, schaltete i