: Melanie Lane
: Wild Dreams Jetzt und für immer
: MORE by Aufbau Digital
: 9783967970609
: 3
: CHF 8.00
:
: Gegenwartsliteratur (ab 1945)
: German
: 456
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB

The secret ingredient is always L.O.V.E.

Kann ein heißer One-Night-Stand mehr werden?
Die toughe Violett ist sich sicher, dass sie den attraktiven Koch Jax mit all seinen Tattoos und dem Charme nie wiedersehen wird. Immerhin lebt sie in New York und er in LA. Doch dann kreuzen ihre Wege sich auf wundersame Weise und die beiden werden zu unfreiwilligen Mitbewohnern - auf Zeit. Obwohl weder Violett noch Jax auf der Suche nach einer Romanze sind, lodert das Feuer zwischen ihnen hoch. Doch übersteht es auch die Herausforderungen ihres stressigen Lebens?

Sinnlich, authentisch und voller Tempo - eine prickelnde Lovestory in New York.



Melanie Lane stammt aus der schönen Stadt Hamburg, in der sie lebt und in ihrem eigenen Design Studio 'schockverliebt' arbeitet.  Sie ist begeisterungsfähig, laut, trinkt gerne Vino und verabscheut Schubladendenken. Als bekennende Feministin lebt sie Themen wie Gleichberechtigung und Diversität, was sich auch stets in ihren Titel wiederfindet. Sie liebt Sarkasmus, ist eine große Tierliebhaberin und Schreiben ist ihre absolute Leidenschaft. Neben ihren Romance Titeln, die im Aufbau Verlag erscheinen, veröffentlicht sie 2020 auch ihr Fantasy Debüt 'Von Blut und Magie' im Isegrim Verlag.   

3 Jahre später

Violett

»Violett?«

Jemand räusperte sich. Einmal. Dann noch einmal.

»Violett?«

Dumpf vernahm ich das nervöse Trommeln von Fingerspitzen auf der bis zur Unendlichkeit polierten Glasplatte des riesigen Konferenztisches. Das Geräusch war nicht nur nervig, sondern auch absolut unpassend. Wer in aller Welt –

Ich stockte und sah hinab auf meine scharlachrot lackierten Nägel. Verdammt. Das Geräusch kam von mir. Ich war es, die völlig nervös und unpassend mit ihren Fingern trommelte. Möglichst unauffällig zog ich die Hand von der Tischplatte, legte sie auf meinen Oberschenkel und ballte sie zur Faust. Trevor und der Rest des Vorstands – allesamtalte weiße Männer – beobachteten mich argwöhnisch.

»Violett, ist alles in Ordnung?«, fragte Trevor, wobei seine Miene und die zusammengekniffenen Augen dafür sorgten, dass ich mich aufrechter hinsetzte. Dann verbannte ich jegliche Gedanken an Ty und unser Gespräch von heute Morgen mit aller Macht aus meinem Kopf, denn hier ging es um meinen Job, meine Karriere, meine verdammteFirma, und nichts war wichtiger als das. Ich würde mir weder vor Trevor noch vor einem der anderen neun Sesselpupser, die den Vorstand von Ferguson International bildeten, die Blöße geben. Aber vor allem nicht vorTrevor.

»Mir geht es bestens, Trevor.« Betont gelangweilt sah ich in die Runde, dabei setzte ich jene Miene auf, die meine Freunde stets als Boss-Bitch-Gesicht bezeichneten. Minimal hochgezogene Augenbraue, leicht zusammengepresste Lippen und eine absolute Null-Bullshit-Ausstrahlung. Die perfekt frisierten Strähnen meines dunklen Bobs wippten um mein Gesicht, als ich mich leicht vorlehnte.

»Ich war in Gedanken bei dem Henderson-Pitch«, rettete ich mich und fixierte den Mann vor mir. Jenen Mann, der nur zu gern an meinem Stuhlbein sägte. Dass es mein Name war, der sich in Großbuchstaben in unserem Firmenschild wiederfand, war Trevor herzlich egal.

So wie jeder der hier anwesenden Männer hoffte auch er, dass ich einen Fehler beginge und sie mich als CEO absetzen konnten. Dabei übte ich diese Position jetzt seit rund drei Jahren aus, und ich machte einen verflucht guten Job. Ganz zu schweigen davon, was ich für diesen Titel hatte opfern müssen. Keiner von ihnen konnte sich auch nur im Ansatz vorstellen, wie schwer es war, sich als Frau in einer männerdominierten Welt wie der Finanzbranche durchzusetzen. Auch wenn sie Mitspracherecht hatten – ich war in diesem Raum die Chefin, dies warmeine Firma. Seitdem mein Vater sich zur Ruhe gesetzt hatte, leitete ich Ferguson International, und zwar mehr als erfolgreich. Doch natürlich erwähnte niemand, wie steil unsere Umsatzzahlen bergauf gingen oder wie sehr unser Ruf sich in den letzten Jahren verbessert hatte. Nein, sie waren damit beschäftigt, über meine Outfits zu reden. Darüber, ob ich roten Lippenstift trug, wie kurz mein Kleid war oder ob ich vorhatte, in den nächsten Jahren ein Kind in die Welt zu setzen.

Himmel, ich brauchte einen Drink. Einen doppelten. Egal, wovon. Hauptsache, es hatte viele Umdrehungen.

»Was sind deine Gedanken zu Henderson?«

»Wir müssen aggressiver vorgehen«, erwiderte ich. Ich hatte mit dieser Frage gerechnet und war darauf vorbereitet. Eine Lektion, die ich bereits früh in der Firma meines Vaters gelernt hatte: Während alle Männer hundert Prozent gaben, musste ich zweihundert Prozent geben. Ich musste in allem, ausnahmslos allem, besser sein als sie. Nur so respektierte man mich.

»Ich habe eine Quelle in Hendersons Team. Der alte Quinn möchte umgarnt werden«, sagte ich und jubelte innerlich, als ich sah, wie nicht nur einer der anwesenden Männer bei dem Wort »alt« eine Augenbraue hochzog. »Er will sein Geld in guten Händen wissen, ja, aber er will auch Innovation, Kampfgeist und eine Rundum-Betreuung.« Lässig lehnte ich mich zurück. »Mit einer Runde Golf und einem Whisky im Gentlemen’s Club kommen wir bei ihm nicht weit.«

Trevor runzelte die Stirn. »Was schlägst du also vor?«

»Wir sagen ihm ab.«

Vier kleine Worte, und Chaos brach aus. Aber genau das hatte ich erwartet.

»Das kann nicht dein Ernst sein!«

»Violett …«

»Weiß Ihr Vater davon?«

Herrgott noch mal, wie ich diese Frage hasste: Weiß Ihr Vater davon? Als wäre ich zwölf und müsste um Erlaubnis fragen. Ich war vierunddreißig Jahre alt und wusste, wie ich dieses Unternehmen zu leiten hatte.

»Wir sagen ihm ab«, wiederholte ich mit fester Stimme. »Während so gut wie jede andere Investmentfirma in New York Quinn Henderson Butter aufs Brot schmiert, lehnen wir dankend ab.«

»Henderson wird durchdrehen …«

»Ganz genau.«

Henderson würde durchdrehen. Niemals würde er damit rechnen, dass wir uns aus dem Pitch zurückziehen. Keiner würde das. Nicht, wenn es um eines der – laut Forbes Magazine – erfolgreichsten Unternehmen der Ostküste ging, welches obendrein auch noch plante, nach Asien zu expandieren. Hendersons Firma war extrem erfolgreich. Der Mann schwamm im Geld, und die Prognosen standen gut, dass er sein Vermögen in den nächsten Jahren exponentiell steigern würde. Dazu brauchte er eine gute Investmentfirma, die das Finanzportfolio seiner Firma verwaltete. Berater und Beraterinnen, denen er vertrauen konnte und die kluge Entscheidungen für ihn und mit ihm trafen. Er wusste, dass der ausgeschriebene Pitch zurzeitdas Ereignis in den heiligen Betonschluchten der Wall Street war. Jeder, der auch nur im Ansatz etwas mit Finanzen zu tun hatte, wollte diesen Auftrag.Ganz Manhattan wollte diesen Auftrag. Also würden wir uns freiwillig zurückziehen, und genau das würde ihn uns am Ende in die Arme treiben. Umgekehrte Psychologie.

»Das Phänomen der Reaktanz.«

Lee, einer der Aktionäre, hob gebieterisch die Hand, und das aufgeregte Murmeln um uns herum verstummte.

»Erklären Sie das genauer, Mrs Gibson.«

Gibson. Ich war keine Gibson mehr. Jedenfalls würde ich es nicht mehr lange sein. Aber ich war noch immer eine Ferguson. Gefühle drohten in mir aufzusteigen. Ich schluckte schwer und unterdrückte sie meisterhaft. Für den Moment. Nachher konnte ich zusammenbrechen. Nach dieser Sitzung. Jetzt aber musste ich mein Gesicht wahren.

»Das Phänomen der Reaktanz ist eine pädagogisch-psychologische Theorie. Sie besagt, dass die meisten Menschen dazu neigen, negative Emotionen dagegen aufzubauen, dass jemand versucht, sie von etwas zu überzeugen«, zitierte ich eine Quelle meiner Recherche. »Je mehr die Person sich ins Zeug legt, um uns von etwas zu überzeugen, desto mehr wenden wir uns ab und tendieren zum Gegenteil. Henderson ist ein narzisstisches Arschloch.« Lees linke Augenbraue hob sich, ich redete unbeirrt weiter. »Wenn wir ihm etwas unter die Nase halten, was er nicht bekommen kann, dann wird er es definitiv haben wollen.«

»Und dieses Etwas, Mrs Gibson, ist unsere Firma?«

»Die Dienstleistungmeiner Firma«, erwiderte ich trocken. Oder eher die meines Vaters, denn mein Dad besaß den Löwenanteil unserer Aktien. Aber ich war CEO, also war es meine Firma. »Wir sind gut –sehr gut –, aber wir sind nicht die Besten auf dem Markt.« Noch nicht. »Also müssen wir mit allen Mitteln kämpfen. Auch wenn sie zunächst unorthodox erscheinen. Henderson wird umkreist wie eine dicke, fette Robbe im Haifischbecken. Lehnen wir uns zurück und lassen ihn zu uns kommen.«

»Das ist Irrsinn, Violett.«

Trevor, ganz der Arschkriecher im Designeranzug, der er war, sah zu Lee. »Das können wir nicht ernsthaft in Erwägung ziehen.« Stille breitete sich in dem schicken Konferenzraum aus. Zu gern hätte ich nach dem Wasserglas vor mir gegriffen. Jede Bewegung und Reaktion meinerseits wäre jedoch ein Beweis dafür, wie nervös ich unter meiner gelassenen Fassade tatsächlich war. Also hielt ich Lees Blick stand und meinen Gesichtsausdruck unter Kontrolle.

»Umgekehrte Psychologie, Violett?«

Ich nickte. Es war selten, dass eines der Vorstandsmitglieder mich mit Vornamen ansprach. »Es wird funktionieren.«

Ich hielt die Luft an. Trevor hielt die Luft an. Ebenso wie der Rest der Männer, die mich mit...