: Ursula Poznanski, Arno Strobel
: Anonym
: Rowohlt Verlag Gmbh
: 9783644220812
: 1
: CHF 10.00
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 384
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Du verabscheust deinen Nachbarn? Du hast eine offene Rechnung mit deiner Exfrau? Du wünschst deinem Chef den Tod? Dann setze ihn auf unsere Liste und warte, ob die anderen User für ihn voten. Aber überlege es dir gut, denn manchmal werden Wünsche wahr ... Es ist der erste gemeinsame Fall von Kommissar Daniel Buchholz und seiner Kollegin Nina Salomon, und er führt sie auf die Spur des geheimnisvollen Internetforums «Morituri». Dort können die Mitglieder Kandidaten aufstellen und dann für sie abstimmen. Dem Gewinner winkt der Tod. Aber das Internet ist unendlich, die Nutzer schwer zu fassen. Nur der Tod ist ausgesprochen real, und er ist näher, als Buchholz und Salomon glauben ...

Ursula Poznanski wurde 1968 in Wien geboren. Sie war als Journalistin für medizinische Zeitschriften tätig. Nach dem fulminanten Erfolg ihrer Jugendbücher 'Erebos' und 'Saeculum' landete sie bereits mit ihrem ersten Thriller 'Fünf' auf den Bestsellerlisten. Bei Wunderlich folgten 'Blinde Vögel', 'Stimmen' und 'Schatten'; gemeinsam mit Arno Strobel 'Fremd' und 'Anonym'. Inzwischen widmet sich Ursula Poznanski ganz dem Schreiben. Sie lebt mit ihrer Familie im Süden von Wien.

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Es ist kurz vor acht, als ich am Präsidium ankomme. Ich finde einen Parkplatz ganz außen, sodass die Gefahr von Macken im Lack oder gar Beulen durch fremde, forsch aufgerissene Türen immerhin halbiert ist. Nach Abstellen des Motors warte ich noch, bis die letzten Takte von John Miles’ «Music» verklungen sind, bevor ich aussteige. Lauwarmer Wind streicht über mein Gesicht, am Himmel ist kein Wölkchen zu erkennen. Alles deutet auf einen gelungenen Wochenstart hin.

Allerdings treffe ich am Eingang Helmut Vogelbusch, was mich dazu veranlasst, meinen Optimismus etwas zu relativieren. Vogelbusch ist ein Kollege Anfang fünfzig und eigentlich ein netter Kerl. Leider hat er das ausgeprägte Bedürfnis, nicht nur die Welt, sondern auch jeden ihrer Bewohner zum Guten zu verändern. Ob der das nun möchte oder nicht.

«Guten Morgen», begrüßt er mich freundlich, doch der demonstrative Blick über mein Hemd, das neue maßgeschneiderte Sakko und hinunter zu den rahmengenähten Schuhen lässt mich ahnen, dass ich so glimpflich nicht davonkommen werde. Helmut kauft seine Sachen ausschließlich in einem Shop für Fair-Trade-Kleidung und Bio-Mode. Jeder weiß das.

An diesem Morgen jedoch verkneift er sich eine Bemerkung zu meinem Outfit. Stattdessen richtet sich sein Blick an mir vorbei auf den Parkplatz. Ich ahne, was das bedeutet.

«Na, mit dem Auto da? Alleine?»

«Wie war dein Wochenende?» Ich versuche, seine Frage geflissentlich zu übergehen und mich in Smalltalk zu retten.

«Weißt du eigentlich, dass nur 25 Prozent aller Autos auf unseren Straßen für 90 Prozent des Schadstoffausstoßes verantwortlich sind?»

Wir betreten die Eingangshalle des Präsidiums.

«Ja, ich weiß, dass es …», setze ich an, doch Vogelbusch lässt sich weder beirren noch beschwichtigen.

«Ein so kleiner Teil an Fahrzeugen sorgt für 95 Prozent des Rußausstoßes, 93 Prozent der Kohlenmonoxid-Emissionen und 76 Prozent der organischen Schadstoffe wie etwa Benzol. Du fährst doch diese uralte englische Dreckschleuder, nicht wahr? Wie heißt das Ding noch mal?»

Ich seufze innerlich. «Es ist ein Jaguar E-Type und ja, er ist alt. Aber eine Dreckschleuder ist dieser Wagen trotzdem nicht.»

Doch, ist er, und das weiß ich auch. Aber bei diesem Auto den Spritverbrauch auch nur zu erwähnen, ist praktisch ein Sakrileg.

Wir erreichen den Aufzug. Warten. Vogelbusch sagt nichts mehr, doch die Art, wie er mich ansieht und dabei den Kopf schüttelt, dieser Blick zwischen Mitleid und Entsetzen … er irritiert mich mehr als jede verbale Belehrung.

Die Aufzugtür gibt die leere Kabine frei. Vogelbusch drückt den Knopf für die dritte Etage, wir starren vor uns auf den Boden und schweigen.

Oben angekommen, nicken wir uns zu. Ich wende mich ab und wähne mich schon in Sicherheit, als er mir ein «Informier dich doch einfach mal über deinen persönlichenCO₂-Abdruck» hinterherruft. Dann gehen wir in unsere jeweiligen Büros.

Ich verdränge Vogelbusch aus meinen Gedanken, schalte den Computer an, werfe einen Blick auf die Uhr. Viertel nach acht. In 15 Minuten beginnt das Montagmorgen-Meeting der AbteilungLKA