Kapitel 1
Das Schneetreiben draußen wurde dichter. Die Schneeflocken wirbelten durcheinander und nahmen einem zunehmend die Sicht. Das andere Ufer lag bereits hinter einer düsteren Schneewand verborgen, und der Tannenbaum mit der glitzernden Weihnachtsbeleuchtung, der nur wenige Meter vom Fenster entfernt stand, war nur noch schemenhaft zu erkennen.
Mir dagegen lief der Schweiß über den Körper, denn ich saß in der neuen Sauna im Wellnessbereich des Stöckl’schen Gasthauses. Dieser war wirklich sehr schick geworden und eine echte Bereicherung für den Ort, wie ich wohlwollend feststellte. Besonders gelungen war das lang gestreckte Panoramafenster in der finnischen Sauna, durch das man auf den See hinausblicken konnte, hinüber zu den unendlichen Wäldern des Hirschgrundgebiets mit seinen unberührten Naturschönheiten, den hohen Felsen, den Mooren und den ausgedehnten Wiesen. Meinen Campingplatz konnte man von hier aus zwar nicht sehen, aber wenn man sich dicht ans Fenster stellte und nach links schielte, konnte man wenigstens die Stelle am anderen Ufer entdecken, an der ich manchmal schwimmend anlandete und mit Genuss meinen Campingplatz betrachtete.
Jedenfalls, wenn es nicht gerade einen Schneesturm gab.
Ich wischte mir den Schweiß von der Stirn und versuchte mich zu erinnern, ob ich schon Winterreifen an meinem Auto hatte. Denn als ich mit meinen liebsten Dauercamperinnen Evelyn, der Vroni und der Schmidkunz hergefahren war, hatte es noch nicht geschneit.
»So was hätte ich gerne am Campingplatz. Dass man gar nicht erst groß vorfahren muss zum Stöckl, sondern einfach im Bademantel in die Sauna und wieder zurück zum Wohnwagen kann«, erklärte mir die Vroni gerade, und im selben Atemzug: »Also, in einer Minute geh ich raus in den Ruheraum. Angeblich haben sie da ein Lichtspiel, und man wird in unterschiedlichen Farben gebadet, was einen unglaublich positiven Einfluss auf die Stimmung haben soll.«
Die Tür ging auf, ein kalter Schwall Luft umstrich kurz meine Beine, und eine Männerstimme sagte: »Das stimmt.«
Alex!
»Endlich ein Mann«, sagte Evelyn. »Ich dachte schon, die trauen sich alle nicht rein zu uns. So viel Weiblichkeit, das hält nicht jeder Mann aus!«
Alex Stöckl war seit Neuestem der Besitzer des örtlichen Gasthofs. Seine Eltern hatten ihm das Wirtshaus und die dazugehörige Brauerei überschrieben, und seitdem machte er sich viele Gedanken darüber, wie er den Gasthof und den Hotelbetrieb attraktiver machen konnte. Mit dem Wellnessbereich war ihm das auf Anhieb gelungen, wir Hirschgrundis waren allesamt schwer begeistert!
»Das kann schon sein«, stimmte Alex Evelyn grinsend zu und breitete sein Handtuch neben mir aus. »Man kann sogar auswählen, welche Farben man haben will«, erklärte er der Vroni das Farbspiel. »Beruhigend oder anregend. Gestern bin ich dort eingeschlafen und habe geschnarcht.«
Ich grinste, Vroni seufzte begeistert. »Das wär schon was für den Campingplatz, oder, Sofia? Das würde dem Franzl total gefallen.«
Zumindest das Einschlafen und Schnarchen. Franzl war nämlich ihr Ehemann und lag mit Vorliebe auf seinem Liegestuhl neben dem Vorzelt, um sich von den anstrengenden Mahlzeiten zu erholen. Natürlich nicht jetzt im Winter.
»Aber wir können doch jederzeit zu Stöckls gehen«, wandte ich ein. »Und uns da beruhigen lassen.«
Alex lachte.
»Morgen kommen wir auf jeden Fall noch einmal und nehmen die erste Podcast-Folge auf, Alex«, w