: Agatha Christie
: Der Mann im braunen Anzug Kriminalroman
: Atlantik Verlag
: 9783455014921
: 1
: CHF 8.00
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 336
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
 'Ein schier unendlicher Rätselspaß!'  The Times     Die junge Anne Beddingfield sucht in London das Abenteuer. Anders als gedacht kommt es zu ihr, als vor ihren Augen ein Mann auf die Schienen der U-Bahn fällt und einen tödlichen Stromschlag erleidet. Die Polizei ist von einem Unfall überzeugt. Aber wer ist der Mann im braunen Anzug, der den Toten als Erster untersuchte, um dann rasch zu verschwinden? Anne ist so entschlossen, die Wahrheit herauszufinden, dass sie dafür bis nach Kapstadt reist.   

Agatha Christie begründete den modernen britischen Kriminalroman und avancierte im Laufe ihres Lebens zur bekanntesten Krimiautorin aller Zeiten. Ihre beliebten Helden Hercule Poirot und Miss Marple sind - auch durch die Verfilmungen - einem Millionenpublikum bekannt. 1971 wurde sie in den Adelsstand erhoben. Agatha Christie starb 1976 im Alter von 85 Jahren.

Prolog


Nadina, die russische Tänzerin, die Paris im Sturm erobert hatte, wiegte sich zum tosenden Applaus und verbeugte sich wieder und wieder. Ihre schmalen schwarzen Augen wurden noch schmaler, die lange Linie ihres scharlachroten Mundes bog sich leicht aufwärts. Begeisterte Franzosen trampelten Beifall, während der Vorhang rauschend fiel und die Rot-, Blau- und Magentatöne der bizarren Kulisse verbarg. In einem Gestöber von blauen und orangeroten Schleiern verließ die Tänzerin die Bühne. Ein bärtiger Herr empfing sie mit einer enthusiastischen Umarmung. Er war der Manager.

»Überwältigend,petite, überwältigend«, rief er. »Heute Abend haben Sie sich selbst übertroffen!« Routiniert küsste er sie galant auf beide Wangen.

Madame Nadina nahm die Huldigung mit der Gelassenheit der Gewöhnung hin und verschwand in ihrer Garderobe, in der sich überall achtlos abgelegte Blumensträuße häuften, wunderschöne Kostüme von futuristischer Machart an Haken die Wände bedeckten und die Luft heiß und geschwängert war vom Duft der Blumen und von raffinierteren Parfüms und Essenzen. Jeanne, die Garderobiere, umschwirrte ihre Herrin, während sie ohne Punkt und Komma schwatzte und dabei eine Flut von überschwänglichen Komplimenten von sich gab.

Ein Klopfen unterbrach das Geplapper. Jeanne ging an die Tür und kehrte mit einer Visitenkarte zurück.

»Ist Madame zu sprechen?«

»Lass mich sehen.«

Die Tänzerin nahm mit lustloser Geste die Karte entgegen, doch beim Anblick des Namens »Graf Sergei Pawlowitsch« züngelte plötzliches Interesse in ihren Augen auf.

»Ich werde ihn empfangen. Der maisgelbe Peignoir, Jeanne, schnell! Und sobald der Graf da ist, kannst du gehen.«

»Bien, Madame.«

Jeanne brachte den Peignoir, ein exquisites Nichts aus maisgelbem Chiffon und Hermelin, und Nadina schlüpfte hinein. Dann saß sie versonnen lächelnd da, während ihre langen weißen Finger einen langsamen Wirbel auf der Glasplatte der Frisierkommode trommelten.

Der Graf – ein Mann von mittlerer Größe, sehr schlank, sehr elegant, sehr blass, außerordentlich ermattet – zögerte nicht, von der ihm gewährten Gunst Gebrauch zu machen. Physiognomisch bot er wenig, woran man sich hätte halten können: ein Mann, den man, außer an seinem affektierten Verhalten, nicht leicht wiedererkannt hätte. Er beugte sich mit übertriebener aristokratischer Höflichkeit über die Hand der Tänzerin.

»Madame, es ist mir ein Vergnügen.«

So viel bekam Jeanne noch mit, ehe sie hinausging und die Tür hinter sich schloss. Kaum war Nadina mit ihrem Besucher allein, änderte sich ihr Lächeln geringfügig.

»Auch wenn wir Landsleute sind«, bemerkte sie, »können wir wohl darauf verzichten, Russisch zu