: Anna Terboven
: Zartweißer Tod Kriminalroman
: Grafit Verlag
: 9783894256456
: 1
: CHF 8.10
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 384
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Ihre Haut weiß wie Schnee. Ihre Lippen rot wie Blut. Doch märchenhaft ist an diesem Kriminalroman gar nichts... Ein Frauenmörder treibt sein Unwesen. Der Täter hinterlässt keine Spuren. Zeugen gibt es nicht. Die Toten erinnern bei ihrem Auffinden allesamt an Puppen. Ihre Gesichter sind mit einer Lackschicht überzogen, die Körper mit auffallenden Kleidern und Schuhen ausstaffiert und die Lippen glänzend rot lackiert. Hauptkommissarin Lena Holland und ihr neuer Kollege Henri Stefanski nehmen die Ermittlungen auf, doch sie treten auf der Stelle - die Morde scheinen das perfekte Verbrechen zu sein. Die Beamten stehen unter massivem Druck, denn die Frauen werden immer mittwochs entführt. Wenn Holland und Stefanski weitere Tote verhindern wollen, bleibt ihnen nicht viel Zeit...

Anna Terboven ist das Pseudonym von Renate Dernedde. Sie studierte Germanistik und Politikwissenschaften in Göttingen, Freiburg und New York. Nach ihrer Promotion war sie als Vertriebs- und Programmleiterin diverser Verlage tätig. Seit 2016 lebt und arbeitet sie als Dozentin in der Erwachsenenbildung in Hamburg.

2

Lena Holland, Kriminalhauptkommissarin, Leiterin des Teams Kriminalpolizeiliche Sonderermittlung 100 (KPSE 100) am Polizeipräsidium Hamburg, schob gerade ihr Rührei auf den Teller, als der Anruf aus dem Präsidium kam. Es war 6:25 Uhr: Leichenfund an der Elbe, Falkensteiner Ufer, Höhe Wittenbergen. Sie wollte diesen ersten Montag in ihrer schicken Wohnung eigentlich mit einem aufwendigen Frühstück feiern. Vor ein paar Monaten hatte sie sich von André getrennt, nach sechs Jahren Ehe und noch längerer Beziehung. Erst letzte Woche war sie umgezogen. Das Rührei gab sie kurzerhand auf eine Scheibe Brot und legte eine weitere darauf. Sie griff sich ihre Jacke vom Stuhl in der Diele, nahm die fünf Treppen zur Tiefgarage und ließ den Motor ihres Dienstwagens an. Sie brauchte dringend einen Kaffee, aber dafür war jetzt keine Zeit.

Lena hatte den Kollegen vom Präsidium gebeten, sofort Henri zu informieren, damit sie ihn auf dem Weg zum Falkensteiner Ufer abholen könnte. Henri Stefanski wohnte im Karoviertel. Er war erst seit vier Monaten in ihrem Team und ein paar Fälle hatten sie schon zusammen bearbeitet, nichts Großes so weit. Sie kannten sich noch nicht besonders gut, aber durch die gemeinsamen Einsätze war er schon jetzt ihr engster Mitarbeiter. Henri machte gern auf starker Mann, er wollte nie zugeben, dass er müde war oder Angst hatte. Alles in allem vielleicht etwas machomäßig. In der Kantine versuchte er, mit jungen Schutzpolizistinnen zu flirten und sie mit lässigen Sprüchen anzubaggern. Er brauchte offensichtlich eine Frau. Es schien ihm aber nichts auszumachen, eine Frau als Chefin zu haben.

Sie wusste nur nicht, ob Henri insgeheim ihre Position anstrebte und nach der Einarbeitungsphase darauf hinarbeiten würde. Das würde sich zeigen. Henri war vorher auch bei der Mordermittlung gewesen, aber in einem anderen Team. Als er vor ein paar Monaten bei Lena angefangen hatte, wirkte es so, als wäre er ohnehin schon eingearbeitet und als ginge es nur noch darum, die Kollegen und vor allem seine neue Vorgesetzte kennenzulernen. Henri war nicht wirklich ein Leitungstyp, fand Lena. Na ja, man würde sehen, es gab schließlich immer wieder Überraschungen, wenn es darum ging, was Kollegen sich für sich selbst vorstellten. Fürs Erste fand sie seine Art zwar etwas brummig und unbeholfen, dennoch war er differenziert und gewandt bei der Ermittlungsarbeit und mit den Kollegen.

Lena hielt vor Henris Haustür, stieg aus und klingelte.

»Hallo, Henri, ich bin da«, sagte sie, als der Türöffner summte. »Ich warte im Auto.«

Nein, noch konnte sie ihn nicht einschätzen. Auch weil er dauernd mit seinen privaten Sachen so viel am Hut hatte. Glaubte man dem Flurfunk, hatte er die Trennung von seiner Ex-Frau Sonja noch nicht verarbeitet, obwohl das Ganze nun schon mehr als zwei Jahre zurückliegen musste. Mit seinen Kindern schien es auch schwierig zu sein, dauernd klappten Verabredungen nicht. Wenn man bei der Kripo arbeitete, war es ja ohnehin schwierig, Kinderwochenenden im Voraus zu planen.

»Ich habe dir einen Kaffee mitgebracht«, rief Henri, als er die Wagentür mit dem Zeigefinger aufmachte. In jeder Hand hielt er einen Thermobecher.

»Toll, danke. Den kann ich gut gebrauchen.« Henri brachte ihr bei jeder Gelegenheit Kaffee mit, manchmal sogar Döner oder ein Stück Pizza. Er schien sich ausschließlich von Fast Food