KAPITEL EINS
Die Faust prallte auf Jacob Snows Gesicht und sein Kopf schnallte nach rechts. Der Stuhl, auf den er gefesselt war, ruckte nach hinten und es waren nur Jacobs Beine, die ihn daran hinderten, umzukippen.
Das wollte er um jeden Preis vermeiden, denn dann würden sie anfangen, auf ihn einzutreten.
„Sag uns, für wen du arbeitest“, verlangte der Mann, der ihn geschlagen hatte. Er hatte einen schweren arabischen Akzent.
Er sprach auf Englisch, denn er glaubte, dass Jacob kein Arabisch verstand.
Jacob antwortete weder in der einen, noch in der anderen, oder in einer der gleich mehreren Sprachen, die er beherrschte.
Der Mann schlug ihm erneut hart ins Gesicht. Eines seiner Augen war fast so sehr angeschwollen, dass es ihm die Sicht nahm. Mindestens zwei seiner Zähne waren lose und er schmeckte Blut.
„Sag uns, was wir wissen wollen, und wir werden aufhören“, sagte ein anderer Mann.
Insgesamt waren sie zu dritt. Sie waren Mitglieder vonSchwert der Gerechten, einer Splittergruppe der al-Qaida, die es auf ausländische Hilfsarbeiter abgesehen hatte. Sie hatten ihn in den Vororten von Damaskus gefangengenommen, in einen Kofferraum geworfen und in diesen Keller gezerrt.
Und jetzt wollten sie wissen, was er in ihrem geheimen Hauptquartier zu suchen gehabt hatte. Ihr Standort war selbst ihren meisten Mitgliedern nicht bekannt.
Dieses Mal schlug ihm der Mann in die Magengrube. Jacob keuchte auf und zuckte so sehr zusammen, wie es ihm seine Fesseln erlaubten. Es folgte ein Kinnhaken, der so stark war, dass Jacob sich wunderte, dass sein Kopf ihm nicht glatt vom Hals flog.
Aber das würde vermutlich später folgen. Er wusste, dass diese Terroristen es besonders mochten, die Köpfe der Westländer, die für das Rote Kreuz oder Save the Children arbeiteten, in der Stadt zur Schau zu stellen.
Ganz besonders vor den Schulen. Das nannten sie „geistliche Bildung.“ Das sagte einem alles darüber, wie diese Kerle drauf waren.
Der Mann, der ihn geschlagen hatte, trat einen Schritt zurück und schüttelte seine Hand aus. Jacob sah, dass seine Knöchel offen waren und bluteten – ein schwacher Trost dafür, dass er als menschlicher Boxsack herhalten musste. Die drei Terroristen entfernten sich jetzt ein wenig von ihm und steckten in der anderen Ecke des Kellers ihre Köpfe zusammen.
„Der Kerl wird nicht aufgeben“, sagte derjenige, der ihn geschlagen hatte. Er sprach Arabisch und glaubte, dass Jacob ihn nicht verstand.
„Schneiden wir ihm die Eier ab. Dann wird er schon singen.“
„Nein, wird er nicht“, entgegnete der Jüngste. „Dann wird er nichts mehr zu verlieren haben.“
„Dann einen Finger. Lasst mich einen Finger abschneiden.“
„Ach, Ahmed“, seufzte der Jüngste. „Du willst gleich immer so schnell alles abschneiden. Schlagen wir ihn doch noch ein wenig.“
„Und du hast einen schwachen Magen“, keifte Ahmed. „Wir bearbeiten ihn schon seit einer Stunde. Er gibt nicht auf.“
„Vielleicht sollten wir ihm Elektroschocks verpassen?“
„Das könnte klappen.“
„Ich finde immer noch, wir sollten ihm etwas abschneiden.“
Während die drei Terroristen sich weiter unterhielten, atmete Jacob tief durch und zwang seine schmerzenden Muskeln dazu, sich zu entspannen. Wärme breitete sich in ihm aus. Ruhe.
Und dann, so wie es ihm seine Eltern als Kind beigebracht hatten, atmete er tief ein und erneut ganz langsam aus. Als er vollständig entspannt war, ruckte er plötzliche seine Schulter, kugelte sie aus und unterdrückte den Reflex, laut aufzuschreien, als der Schmerz durch seinen gesamten Arm fuhr. Er zog den Arm aus den Fesseln heraus und renkte ihn wieder ein. Erleichterung durchströmte ihn, als der Schmerz langsam abebbte. Und dann wiederholte er den Vorgang mit dem anderen Arm.
Manche Kinder träumten davon, von zu Hause wegzulaufen und dem Zirkus beizutreten. Nicht Jacob. Er war im Zirkus aufgewachsen.
Er hatte sich befreit, stand auf und schnappte sich den Stuhl.
Die Terroristen wirbelten mit offenen Mündern herum.
Zu spät. Jacob rannte bereits auf sie zu und hatte den Stuhl erhoben wie einen Knüppel.
Er ließ ihn auf den Kopf des ersten Terroristen niedersausen und er sackte bewusstlos auf dem Boden zusammen.
Die anderen beiden wichen zurück und zogen ihre Waffen, doch bevor sie sie erheben konnten, schleuderte Jacob den Stuhl in ihre Richtung. Er traf den einen in den Magen und er taumelte zurück und stieß mit dem