VORWORT
„Es kann keinen Frieden geben“, rief der Große jetzt wohl schon zum fünfzehnten Mal. Doch dieses Mal schlug er dabei so fest mit der Faust auf den Tisch , dass der Aschenbecher hochsprang. Es schien, dass er es leid war, denselben Punkt ein um das andere Mal zu wiederholen – aber er selbst bot auch keine realistische Lösung an, bemerkte Fitzpatrick.
Der Große war schlaksig, seine Gliedmaßen spindeldürr und ein langer Bart zog sein kantiges Gesicht in die Länge. Fitzpatrick schätzte, dass er Anfang fünfzig war. Im Raum befanden sich noch neun weitere, ihn mit eingeschlossen; die meisten waren Iraner, soweit er wusste. Er war sich sicher, dass sie Araber waren. Sie hatten ihre Namen genannt, alle hießen Ahmad-dies oder Mohammed-das – die Johns und Williams des Nahen Osten. Er hatte aufgehört auch nur zu versuchen, sich an sie zu erinnern. Stattdessen waren sie der Große, der Dürre, der Hässliche oder Narbenkerl.
Narbenkerl war bei weitem der Interessanteste: Er stand mürrisch mit verschränkten Armen in der Ecke. Ein dunkler Schatten lag über seinem Gesicht und eine rosa Narbe verlief wie ein Angelhaken unter seinem linken Auge über seine Wange bis hin zu seinem Ohr. Männer, die so aussahen, hatten Geschichten erlebt. Ob sie wirklich geschehen waren oder nicht, das war eigentlich egal. Narbenkerls Narbe könnte von einem Messerkampf oder einem Kampfeinsatz stammen. Sie hätte zustanden gekommen sein können, weil er über seine eigenen zwei Füße gestolpert oder von einem Esel getreten worden war. Die Wahrheit war egal; Fitzpatrick war sich sicher, dass er wahrscheinlich sowieso mit einer Geschichte über einen Kampf herausrücken würde.
Männer die so aussahen, hatten Geschichten, und er wusste das, weil er ein solcher Mann war. Sein eigenes Gesicht und sein Körper waren eine Landkarte voller Narben, doch die Wahrheit dahinter war weitaus weniger interessant als man annehmen könnte.
„Unsere Ressourcen sind begrenzt“, sagte der Hässliche und fuhr dabei scheinbar mit der Gewohnheit des Großen fort, Offensichtliches zu verkünden. Sein Gesicht war voller Pockennarben und seine Nase stand rot und knollenförmig darin. „Uns fehlt Zeit, uns fehlen Männer –“
„Der größte Anschlag auf US-Territorium wurde von weniger Männern als uns ausgeführt. Sie waren nur mit Teppichmessern bewaffnet“, argumentierte ein weiterer, der so unscheinbar aussah, dass Fitzpatrick sich noch keinen Spitznamen für ihn ausgedacht hatte.
„Die haben jahrelang geplant!“, konterte der Hässliche. „Wir haben nur Tage. Und seitdem sind die Sicherheitsvorkehrungen wesentlich verstärkt worden. Du weißt das. Wir brauchen Erfindergeist. Wir brauchen –“
„Geld.“ Dies kam von Narbenkerl; es war das erste Wort, was Fitzpatrick aus seinem Mund gehört hatte. Er musste den natürlichen Drang unterdrücken, eine Augenbraue fragend hochzuziehen, um nicht preiszugeben, dass er zuhörte. „Das ist es doch, was wir brauchen, oder? Uns fehlt Zeit und uns fehlen Leute. Die offensichtliche Lösung ist Geld.“
Fitzpatrick kratzte sich müßig am Bart und gab vor, dass er nichts verstand. Die anderen neun Männer im Raum hatten unter der Annahme, dass er der Sprache nicht mächtig war, Arabisch gesprochen. Doch er verstand sie. Er hatte ein wenig bei seinen Einsätzen im Iran und Irak vor Jahren gelernt, doch erst nach der Gründung der Division hatte er begriffen, wie notwendig es war, Arabisch zu können. Ein Großteil der Arbeit seiner ehemaligen Gruppe hatte im Nahen Osten und Nordafrika stattgefunden. Dort hatten sie kleine Staatsstreiche durchgeführt, Rebellenaufstände unterdrückt und lästige Stammesführer ermordet.
Er verstand jedes Wort, doch er ließ es sich nicht anmerken, sondern zündete sich stattdessen eine Zigarette aus dem zerknitterten Päckchen in der Brusttasche seines schwarzen