: C.S. West
: Der Kampf der Halblinge Roman
: Verlagsgruppe Lübbe GmbH& Co. KG
: 9783838745664
: 1
: CHF 9.60
:
: Fantasy
: German
: 495
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB

In diesem Abenteuer kommen die kleinsten Helden der Fantasy groß raus! Westendtal, die Heimat der Halblinge, schmiegt sich sanft in die Täler der Schroffen Berge. Doch Unheil zieht herauf: Die Herrscherin der dämonischen Erinyen will die Nordlande erobern und ihre Armee in Westendtal stationieren! Die Halblinge brauchen Hilfe. Eine Gruppe von fünf Wagemutigen macht sich auf in die Berge, um den legendären Bronn Sternenfaust zu finden: den einzigen Abenteurer des kleinen Volkes, der einst dorthin zog, um ein Bündnis mit den Drachen zu schließen ...

1. DAS RAUCHORAKEL


Dunkler Rauch stieg auf am bewaldeten Südhang der Schroffen Berge. Behäbig legte sich der Qualm über die Wipfel der Tannen, als wollte er sich gar nicht in den Himmel erheben. Er schien förmlich von den spitzen Nadeln aufgespießt zu werden. So zumindest sah es für Jorim Borkenfeuer aus. Der Halbling mit den braunen, dichten Locken, die ihm bis auf die Schultern fielen, saß auf einem herabgebrochenen Ast – dem Ast, der die halbe Veranda seines Baumhauses mit sich in die Tiefe gerissen hatte. Eigentlich wollte Jorim gerade seine Behausung wieder in ihren ursprünglichen Zustand zurückführen, doch die Geschehnisse im Norden von Westendtal hatten ihn abgelenkt.

Nachdenklich blickte er nun nach oben und dorthin, wo seine östliche Veranda einmal gewesen war. Der nördliche, westliche und südliche Wohnbereich waren intakt geblieben, und die Leiter, die zum Baumhaus führte, stand auch noch dort, wo sie hingehörte. Trotzdem war das Ganze kein schöner Anblick. Es passte einfach nicht zu der übrigen gemütlichen Behausung, die sich um den dicken Stamm der uralten Eiche herumzog. Das Wohnzimmer mit den beiden für Behaglichkeit sorgenden Kaminen, vor denen man die Füße hochlegen konnte, und das der Morgensonne zugewandte Schlafzimmer mochten so gar nicht mit dem zerstörten Balkon harmonieren. Ebenso wenig der ausladende Kochbereich oder das Badezimmer, in dem der reinliche Halbling mit Wasser versorgt wurde, das von oben herab durch das Blätterwerk in einen großen Zuber floss. Nein, die Veranda sollte schleunigst repariert und bei dieser Gelegenheit gleich um eine Bank erweitert werden, auf der man sein Pfeifchen schmöken konnte.

Dennoch schweifte Jorims Blick nun wieder nach Norden, und obwohl es nicht selten geschah, dass das Rauchorakel befragt wurde, grübelte er doch darüber nach, welch wichtige Entscheidung der Rat heute wohl zu treffen hatte. Gewöhnlich zog man das Orakel hinzu, wenn schwerwiegende Entscheidungen anstanden, die vom Ältestenrat nicht gefällt werden konnten – oder wenn dieser nicht imstande war, sich zu einigen. Obwohl der Rat aus den Vorsitzenden der fünf Trinktische von Westendtal bestand – alles altehrwürdige Halblinge, erprobte Denker und Trinker, die mindestens einhundert Sommer gesehen haben mussten –, garantierte dies keineswegs eine schnelle Entscheidung. Und deshalb griff man in der Regel nur allzu rasch auf das Rauchorakel zurück. Immerhin verlockte die Pfeife mit dem riesigen Brennraum, den fünf langen, geschwungenen Holmen und den mit hübschen Intarsien verzierten Mundstücken geradezu zum Schmauchen. Dass man dabei auf einer von Felsen und Nadelbäumen umsäumten Lichtung verweilen konnte, machte die Sache noch angenehmer. Wie es schien,