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Exmoor troff vor schmutzigem Farn, derbem farblosem Gras, stacheligem Ginster und dem Heidekraut vom letzten Jahr. Das Moor war so schwarz, dass es aussah, als sei eine nasse Feuersbrunst über die Landschaft hinweggefegt und hätte die Bäume dahingerafft und das Moor kalt und entblößt zurückgelassen, schutzlos dem Winter ausgeliefert. Nieselregen löste den nahen Horizont auf und ließ Himmel und Erde um den einzig erkennbaren Orientierungspunkt herum zu einem grauen Kokon verschwimmen: einen zwölfjährigen Jungen in einer glänzend schwarzen Regenhose, der ohne Kopfbedeckung ganz allein dort draußen mit einem Spaten zugange war.
Es hatte drei Tage lang geregnet, doch die Gras-, Heidekraut- und Ginsterwurzeln, die sich durch die Erde wanden, widersetzten sich trotzdem dem Stich des Spatens. Steven ließ sich nichts anmerken. Abermals stieß er die Schaufel in den Boden und fühlte den befriedigenden kleinen Aufprall bis in die Achselhöhlen hinauf. Diesmal hatte er eine Spur hinterlassen – eine winzige menschliche Spur in der gewaltigen Natur um ihn herum.
Doch ehe Steven ein weiteres Mal graben konnte, hatte sich der erste dünne Einstich bereits wieder mit Wasser gefüllt und war verschwunden.
Drei Jungen stapften durch den Shipcotter Regen, die Hände tief in den Taschen vergraben, die Kapuzen ins Gesicht gezerrt, die Schultern hochgezogen. Als könnten sie es gar nicht erwarten, ins Trockene zu kommen. Doch sie hatten nichts, wo sie eilig hätten hingehen können, also trieben sie sich einfach so im Dorf herum und fluchten laut über nichts und wieder nichts, nur um die Welt wissen zu lassen, dass sie noch da waren und etwas vom Leben erwarteten.
Die Straße war schmal und gewunden, und wenn im Sommer Touristen durch den Ort kamen, lächelten sie über die bunt bemalten Reihenhäuser mit den altmodischen Fensterläden, deren Haustüren direkt auf den Bürgersteig hinausgingen. Bei dem Regen jedoch verblasste die Strahlkraft der gelben, rosafarbenen und himmelblauen Häuser. Hier wohnten nur Leute, die zu jung, zu alt oder zu arm waren, um fortzugehen.
Stevens Nan schaute mit festem Blick aus dem Fenster.
Sie hatte ihr Leben als Gloria Manners begonnen. Dann war sie Ron Peters’ Frau geworden. Danach war sie Letties Mum gewesen, und dann Letties und Billys Mum. Dann war sie lange Die Arme Mrs. Peters gewesen. Jetzt war sie Stevens Nan. Doch sie würde immer Die Arme Mrs. Peters bleiben; nichts konnte daran etwas ändern, nicht einmal ihre Enkel.
Oberhalb der Scheibengardinen war das Wohnzimmerfenster vom Regen gesprenkelt. Die Leute gegenüber hatten schon Licht angemacht. Die Dächer waren genauso unterschiedlich wie die Hauswände. Auf manchen lagen noch immer die alten Dachziegel, ganz rau vom Moos. Andere waren mit flachem grauem Schiefer gedeckt, der den fahlen Himmel spiegelte. Über den Dächern war das Hochmoor durch den Nebel hindurch gerade noch zu erkennen – aus dieser Entfernung glich es etwas sanft Gerundetem. Von hier aus, im warmen, geheizten Wohnzimmer, mit dem Kessel, der in der Küche zu pfeifen begann, sah es sogar unschuldig aus.
Der kleinste der Jungen schlug mit der flachen Hand gegen das Fenster, und Stevens Nan fuhr ängstlich zurück.
Die Jungen lachten und rannten davon, obwohl niemand ihnen folgte und sie genau wussten, dass das auch nicht sehr wahrscheinlich war. »Neugierige alte Sch