Kapitel 2
Im nächsten Moment zerriss ein riesiger Knall die Nacht, als wäre ein Jumbojet auf unserer Zeltwiese abgestürzt. Direkt vor uns stieg ein gewaltiger Feuerball in den schwarzen Himmel, und dort, wo vorher ein Wohnmobil gestanden hatte, flogen Trümmerteile durch die Luft. Selbst hier auf dem Balkon spürte ich die Druckwelle, die mir Staub, Dreck und den Geruch von verschmortem Plastik und Elektronik ins Gesicht wehte. Im Nachhinein wusste ich nicht, was ich in der ersten Schrecksekunde getan hatte, aber als ich wieder denken konnte, kauerten Evelyn und ich hinter dem alten, hölzernen Balkongitter. Bei der Aktion hatten wir unsere Weingläser vom Tischchen gefegt, und ich spürte die Scherben unter meinen Knien knirschen. Meine Ohren fühlten sich an, als wäre etwas massiv nicht in Ordnung.
»Himmel«, formten Evelyns Lippen, aber vielleicht nahm ich das auch nur an, weil das normalerweise das war, was sie sagte. »Was war das?«
Ich starrte auf ihren Mund, der sich weiter öffnete und schloss, aber ich hatte so ein wattiges Gefühl auf den Ohren, dass ich sie fast nicht hörte.
»Dein Wohnmobil«, schrie ich. Selbst meine eigene Stimme hörte ich nur ganz tief und dumpf. Mit hämmerndem Herzen linste ich zwischen den Streben des Balkons hindurch. Im Wohnmobil flackerten noch immer die Flammen, und das Dach hatte sich aufgerollt wie bei einer Konservenbüchse.
»Jonas!«, brüllte ich vom Balkon hinunter, in der plötzlichen Angst, es könnte ihm etwas passiert sein.
»Ja!«, hörte ich ihn von unten antworten. »Ruf die Feuerwehr.«
»Okay«, brüllte ich.
»Wo ist Evelyn?«
»Hier!«, riefen Evelyn und ich gemeinsam.
Wir versuchten aufzustehen, mussten jedoch wie hypnotisiert hinüber zu dem brennenden Wrack starren. Nach einer Weile gab es einen erneuten dumpfen Schlag, und weitere Blechteile flogen herum. Ich hatte das Gefühl, gleich ohnmächtig zu werden, und wählte deswegen hastig die 112.
Die Feuerwehr vom Ort war nach sechseinhalb Minuten da, der Notarzt und die Rettungssanitäter nach zwölf Minuten. Und dann kamen in schneller Abfolge die diversen freiwilligen Feuerwehren der umliegenden Ortschaften. Unser Dorfpolizist, der Brunner, nicht gerade bekannt für seinen Arbeitseifer, war auch nach einer halben Stunde noch nicht vor Ort. Alle Campinggäste standen auf dem Vorplatz zur Rezeption, dort, wo man parken konnte, wenn man sich anmelden wollte, und beobachteten das Löschen des Wohnmobils aus sicherer Entfernung. Die gesamte Wiese war derart vollgeparkt mit Feuerwehrautos und Krankenwagen, als hätte es einen Anschlag auf eine Großveranstaltung gegeben.
Eine Weile blieb Jonas neben mir stehen und hielt mich im Arm. Als wollte er mich vor weiterem Schaden bewahren. Irgendwann ließ er mich dann doch los und ging zu einem Typen von der Feuerwehr. Dafür, dass nur ein Wohnmobil brannte, war ganz schön viel Feuerwehr da! Etwas besorgt überlegte ich, ob die brennenden Trümmer bis zu unserer Jurte fliegen konnten oder bis zur Scheune, und war plötzlich froh, dass so viel Unterstützung da war.
Immer noch fühlte ich mich zittrig, aber so in der Tür des Rettungswagens sitzend, mit einer silbernen Folie um die Schulter gelegt und umgeben von meinen Campern und zwei Rettungssanitätern, dennoch gut aufgehoben. Gemeinsam beoba