: Sabine Stephan
: Silvia-Gold 48 Und plötzlich reißt der Himmel auf
: Verlagsgruppe Lübbe GmbH& Co. KG
: 9783732560103
: 1
: CHF 1.60
:
: Erzählende Literatur
: German
: 64
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB

Seit frühester Kindheit lebt Annika Lindberg in einem kleinen Häuschen auf der Nordseeinsel Baltrum. Die junge Malerin ist mit ihren Bildern, die hauptsächlich die raue Küstenlandschaft und das Meer darstellen, sehr erfolgreich. Bei den Vorbereitungen einer Ausstellung lernt sie den Architekten Christian Kersting kennen und weiß sofort: Das ist der Mann meines Lebens! Christian empfindet ganz ähnlich. Er, der nie an die Liebe auf den ersten Blick glauben wollte, spürt genau, dass Annika die Frau ist, mit der er glücklich werden kann. Doch einiges spricht dagegen, dass aus den beiden ein Paar wird: Da ist zum einen die schöne Ines, mit der Christian verlobt ist, zum anderen hütet Annikas Mutter ein düsteres Geheimnis ...

Annika Lindberg stand in der ehemaligen Scheune ihres Häuschens, die sie humorvoll »Atelier« nannte, vor der Staffelei. Ihr weißer Kittel war mit Farbspritzern verziert. Das lange, hellblonde Haar hatte sie zu einem Pferdeschwanz gebunden.

Konzentriert malte sie das Meer bei Sturm, und inmitten der schäumenden Meeresbrandung tanzte ein dunkles Fischerboot auf den Wellen.

Sie war so in ihre Arbeit vertieft, dass sie die Schritte überhörte, die sich näherten. Und so schrak sie zusammen, als sie eine vertraute Stimme vernahm: »Moin, moin, Annika, mien seute Deern!«

»Moin, Jannis. Musst du dich so heranschleichen? Du hast mich erschreckt!«

»Entschuldige, Annika.« Der kräftige Mann trat neben sie und betrachtete das Bild. »Ist schon seltsam, Annika, sooft du auch das Meer malst – es sieht immer anders aus.«

Annika lächelte und nickte. »Richtig, Jannis, das Meer hat viele Gesichter. Es ist immer wieder faszinierend anders, von Tag zu Tag, von Stunde zu Stunde.«

»Worüber du so sinnierst …« Verlegen kratzte er sich den Nacken.

Manchmal verstand er Annika nicht. Das kam wohl daher, dass sie studiert hatte. Da konnte er als Bademeister nicht mithalten. Obwohl das auch ein wichtiger Job war. Wenn erst die leichtsinnigen Touristen die schöne kleine Nordseeinsel Baltrum überfluteten, musste er darauf achten, dass sie keine Dummheiten machten und dabei zu Schaden kamen.

»Wie wäre es mit einem Tee, Jannis? Ich muss dringend mal ein Päuschen machen. Die Farben müssen trocknen.«

»Gern, Annika.« Er schloss hinter ihr das Tor, das in den Angeln quietschte. »Muss mal geölt werden. Werd nächstens ein Ölkännchen mitbringen.«

»Mach das, Jannis!« Annika wusste, dass es Jannis freute, wenn er sich bei ihr im Haus nützlich machen konnte. Er war ihr bester Freund und so was wie ihr treuer Husar, der immer für sie da war, von Jugend an.

Annikas Friesenhäuschen war weiß getüncht und hatte ein tiefgezogenes Reetdach. Durch die blaugestrichene Haustür gelangte man in den großen, gemütlich eingerichteten Wohnraum