: Peter Glanninger
: Blutgrund Kriminalroman
: Gmeiner-Verlag
: 9783839270585
: 1
: CHF 10.80
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 448
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
In St. Pölten wird ein Wanderarbeiter von drei Unbekannten niedergeschlagen und schwer verletzt. Ein Raub? Ein fremdenfeindliches Motiv? Die Ermittlungen von Thomas Radek, Kriminalbeamter im LKA, laufen ins Leere. Doch als ein junger Reporter ermordet wird, stößt er schnell auf einen Zusammenhang. Gemeinsam mit der Schwester des Toten sucht Radek nach dem Täter. Dabei entdecken sie Unglaubliches. Und als sie tiefer graben, werden sie selbst zur Zielscheibe.

Peter Glanninger wurde 1962 in Wilhelmsburg/Niederösterreich geboren. Nach einer Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann übersiedelte er nach Wien und wechselte in den Polizeidienst, wo er 15 Jahre lang tätig war. In dieser Zeit absolvierte er das Abitur an einem Abendgymnasium und ein Studium der Geschichte und Politikwissenschaft. Der Autor arbeitet heute im Innenministerium und lebt in der Nähe von Wien. Neben Kriminalromanen schreibt Peter Glanninger auch wissenschaftliche Artikel und Fachbücher. Der Autor ist auch auf Facebook. Website: www.peterglanninger.at

1.


Man musste kämpfen, wenn man nicht ewig am unteren Ende der Leiter stehen und zu den Mächtigen hinaufsehen wollte. Man musste gegen die Mächtigen kämpfen. Und er würde es tun. Er würde nicht klein beigeben. Davon war er überzeugt. Jetzt, nach dem Gespräch mit dem jungen Mann, noch mehr als zuvor. Er hatte bereits zu viel geopfert, stand zu lange schon unten, geduckt und geprügelt, immer mit der Angst im Nacken, dass es irgendwann einmal nicht mehr weitergehen würde.

Es wurde Zeit aufzustehen.

Radu Tirla war müde. Er hatte einen langen Tag hinter sich. Bereits um halb sieben war er auf der Baustelle gewesen. So vieles musste noch fertig gemacht werden. Sie waren in Verzug. Sie mussten schneller arbeiten, sonst würde man ihnen Geld vom Lohn abziehen. Es war ein harter Job.

Bis nach 20 Uhr war er auf dem Bau geblieben, dann in die Heßstraße, in das Büro dieser kleinen Partei, gefahren, um sich wieder mit dem jungen Mann zu treffen. Dort hatten sie ein langes Gespräch geführt. Radu war schon vorher davon überzeugt gewesen, dass man etwas unternehmen musste, sich nicht nur ducken durfte, doch jetzt hatten sie einen Weg gefunden, um sich zu wehren.

Der junge Mann war eifrig, wie die Jugend so ist, begeistert und voller Feuer für seine Sache. Radu wusste nicht, ob er am Ende einen Vorteil davon haben würde, aber der junge Mann hatte recht: Wer nicht kämpft, hat schon verloren.

Jetzt war es 22.30 Uhr. Er spürte die Müdigkeit wie eine zähe Flüssigkeit, die ihn umhüllte. Seine Beine waren schwer, als er kraftlos nach Hause marschierte.

Radu Tirla stammte aus Vorniceni, einer Kleinstadt mit rund 4.000 Einwohnern im Kreis Botoșani im letzten Winkel der Region Moldau, dem Osten Rumäniens, der als ärmste Gegend des Landes galt. Sein 16-jähriger Sohn Dumitru sagte, Vorniceni sei ein so unbedeutendes Nest, dass man nicht einmal auf Wikipedia einen Eintrag darüber finden würde. Das stimmte nicht ganz, Radu hatte das nachgeprüft. Zwei Sätze gab es dort über seinen Heimatort. Sein Sohn wollte ihm damit klarmachen, wo sie lebten und vor allem wie und welche Chancen sie hatten, jemals da rauszukommen – nämlich keine.

Die nächste größere Stadt, Săveni, war etwa 20 Kilometer entfernt, die Kreishauptstadt Botoşani 30. Arbeit gab es in keinem der beiden Orte für Radu. Selbst wenn er eine gefunden hätte, wäre das Gehalt so niedrig gewesen, dass er seine Familie damit nicht durchgebracht hätte. Bei seinem letzten Job in Rumänien hatte er umgerechnet 250 Euro im Monat verdient. Das bekam er hier pro Woche.

Von Vorniceni nach Bukarest waren es beinahe 500 Kilometer. Zu weit weg, um zu Hause zu leben. Da konnte er genauso gut in Ungarn, Österreich oder Deutschland arbeiten.

Im Dezember 1989, als die Revolution ausbrach, war Radu 14 Jahre alt gewesen. Politik hatte ihn damals nicht interessiert, die Mädchen waren wichtiger gewesen. Die Kämpfe in Timișoara und Bukarest, die Flucht von Cea