: Manfred Baumann
: Marionettenverschwörung Meranas siebter Fall
: Gmeiner-Verlag
: 9783839260609
: 2
: CHF 11.60
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 310
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Magische Fäden. Puppen tanzen. Zauberhaftes Spiel. Das berühmte Salzburger Marionettentheater. Wo Papageno und Pamina Besucher aus der ganzen Welt verzücken, hängt jetzt eine junge Frau in den Puppenkulissen. Lucy, der Liebling der Truppe. Erdrosselt. Kommissar Merana beginnt zu ermitteln. Er stößt auf Intrigen hinter den Theaterfassaden, doch die Spur führt auch zu Kreisen politisch rechter Verschwörung. Und plötzlich ist auch Meranas Leben in Gefahr ...

Manfred Baumann, geboren 1956 in Hallein/Salzburg, war 35 Jahre lang Autor, Redakteur und Abteilungsleiter beim Österreichischen Rundfunk. Heute lebt er als freier Schriftsteller, Kabarettist, Regisseur und Moderator in der Nähe von Salzburg. Der Krimi »Drachenjungfrau« wurde vom ORF für die Reihe »Landkrimi« verfilmt. Manfred Baumann ist auch bei Facebook. www.m-baumann.at

Dienstag, 23. April


Ein helles Etwas huscht vorüber, wie ein Stück Stoff, ein bleiches Tuch, das der Wind kurz aufbläht. Merana hebt den Kopf und lugt durch die geöffneten Vorhänge nach draußen. Das helle Gebilde entpuppt sich als Möwe. Sie spreizt ihre Flügel, landet mit den Beinen voran auf dem Geländer des Balkons. Der gelbe Schnabel schimmert im Dunst der Morgendämmerung. Merana wälzt sich aus dem Bett, greift nach dem Morgenmantel. Vorsichtig öffnet er die Balkontür. Er will das Tier nicht gleich verscheuchen. Der Vogel scheint die Nähe von Menschen gewohnt zu sein. Neugierig beäugt er die Gestalt im blauen Mantel, die aus dem Dunkel des Hotelzimmers ins Freie tritt. Langsam nähert sich Merana den Querstreben der Balkonumrahmung, legt die Hände darauf. Das Metall fühlt sich kühl an, feucht. Die Möwe beobachtet ihn, ruckt mit dem Kopf, verharrt auf ihrem Platz. Der Himmel über dem Hotel prangt in sattem Grau, durchzogen von dunklen Schlieren, ein düsterer Anblick. Die dichte Dunstdecke ringsum zeigt sich schon heller. Das Morgenlicht wird stärker. Laut Wetterbericht wird die Sonne in zwei bis drei Stunden große Schneisen in den Nebel reißen. Dann wird die Stadt in vollem Licht erstrahlen. Langsam beugt sich Merana vor, schiebt den Oberkörper so weit wie möglich über das Geländer, dreht den Kopf nach links. Zwischen den schemenhaften Häuserumrissen ist die Spitze des Michel auszumachen, ein Teil der Kuppel ist zu sehen, und die obere Rundung der goldenen Uhr. Wäre der Nebel lichter, könnte er vom Balkon des Hotelzimmers sogar die geschwungene Treppe zwischen den Säulen erkennen, über deren Stufen er gestern nach oben gestiegen ist.

Zusammen mit Jennifer.

Heute ist sein dritter Tag in Hamburg. Gestern, am Ostermontag, hat Jennifer ihn auf ihrer Tour durch die Innenstadt auch zur Kirche geführt. Sie befanden sich plötzlich mitten in einem Fest. Auf dem großen Platz vor der Kirche waren Tische aufgestellt, dicht gefüllt mit Feiernden. Eine Band spielte auf einer provisorisch errichteten Bühne nahe an der Kirchenmauer. An den Verkaufsständen wurden Würste angeboten, Bouletten, Gemüseauflauf, Salate, Kaffee und Kuchen, Getränke. Merana hätte gerne ein kühles Bier getrunken, aber Alkohol wurde nicht ausgeschenkt. Organisiert wurde das Fest von ehrenamtlichen Mitarbeitern der Pfarrgemeinde. Die Einnahmen kamen Obdachlosen zugute. Auch die waren Teil des Festes, hockten in kleinen Grüppchen oder vereinzelt zwischen den übrigen Gästen. Manche blickten misstrauisch, hielten grimmig die Hände um ihre Gläser gekrallt. Andere lachten und zeigten offenherzig ihre Freude an der Aufmerksamkeit, die man ihnen an diesem Feiertag widmete. Merana war überrascht gewesen, als sie die Stelle erreicht hatten. Der Platz war wie eine Insel, die sich plötzlich im Meer der Stadthäuser auftat. Die bunte Schar der an schlichten Holztischen versammelten Feiernden verlieh dem Platz samt seiner Umgebung einen nahezu dörflichen Charakter. Beherrscht wurde das Ambiente vom großen Gotteshaus, von der evangelischen Hauptkirche Sankt Michaelis, ei