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Hunter Buchanan glaubte nicht an Liebe auf den ersten Blick. Eigentlich glaubte er überhaupt nicht an die Liebe.
Aber seitdem er die groß gewachsene Rothaarige mit einer Kiste Bücher in den Armen und einem skeptischen Ausdruck im Gesicht in einem seiner leer stehenden Häuser gesehen hatte, spürte er … irgendetwas. Ihre Worte klangen frech und furchtlos, was er als Mann, der sich lieber im Schatten hielt, sehr anziehend fand.
Und als sie ihrer stilleren Freundin gestanden hatte, dass die meisten Männern sie langweilten und dass sie in einer Beziehung etwas anderes erwartete als nur ein hübsches Gesicht, da wusste Hunter, dass sie wie für ihn geschaffen war.
Sie war attraktiv, jung und Single. Sie besaß einen scharfen Verstand und eine spitze Zunge. Das gefiel ihm an ihr. Außerdem wirkte sie furchtlos und hatte Humor. Inzwischen waren Tage vergangen, seitdem er sie gesehen hatte, und noch immer ging sie ihm nicht aus dem Kopf. Sie suchte ihn sogar in seinen Träumen heim.
Hunter war klug, reich und nur wenige Jahre älter als sie. Eine Beziehung war also durchaus denkbar.
Unbewusst berührte er die tiefen Narben in seinem Gesicht und zog mit den Fingern die dicke Linie an seinem Mundwinkel nach, an der das beschädigte Gewebe neu aufgebaut worden war.
Das war das Hauptproblem, das Hunter daran hinderte, eine Frau zu umwerben. Sein Gesicht. Sein abstoßendes, vernarbtes Gesicht. Die Narben auf seiner Brust und seinem Arm konnte er unter seiner Kleidung verbergen, und wenn er seine Hand ballte, fiel niemandem auf, dass ihm ein Finger fehlte. Aber sein Gesicht ließ sich nicht verstecken. Wenn er sich mal dazu entschied, das Haus zu verlassen, dann wechselten manche Menschen die Straßenseite, nur um ihm aus dem Weg zu gehen. Männer runzelten die Stirn, als hätte er etwas Beunruhigendes an sich, und Frauen wandten den Blick ab.
So wie es die Frau tat, die in diesem Moment neben ihm saß.
Brontë, Logans etwas naive Freundin, saß neben ihm am Pokertisch der Bruderschaft. Der dunkle Kellerraum war voller Zigarrenrauch, und es roch nach Alkohol. Normalerweise saßen hier auch noch seine fünf besten Freunde, aber sie waren nach oben gegangen, um mit Logan darüber zu diskutieren, dass er seine neue Freundin zu einem geheimen Treffen ihrer Gruppe mitgebracht hatte. Brontë war bei Hunter geblieben, jedoch ganz offensichtlich nicht aus freien Stücken. Sie saß schweigend am Tisch, nippte an ihrem Wein und bemühte sich, nicht so auszusehen, als würde sie am liebsten weglaufen, wenn sie ihm ins Gesicht sah. Ihr Blick wanderte zu seiner deformierten Hand und zurück zu seinem Gesicht.
Er war an derartige Reaktionen gewöhnt. Und er fragte sich, ob die Rothaarige, mit der sie befreundet war, ebenso auf seinen Anblick reagieren würde.
Aus Erfahrung wusste er, dass die Wahrscheinlichkeit sehr groß war. Aber er erinnerte sich auch an das sarkastische Grinsen und das Kopfschütteln der Rothaarigen. Und an ihre Worte.
Erspar mir diese reichen, attraktiven Alpha-Männchen. Sie halten sich alle für die Ritter aus dem Märchen. Aber sie haben ja keine Ahnung. Eigentlich sind sie eher die Bösewichte.
Und ihm wurde klar, dass er mehr über diese Frau wissen musste.
»Ihre Freundin«, sagte er zu Brontë. »Die Rothaarige. Erzählen Sie mir von ihr.«
»Sie meinen Gretchen?«
»Ja.« Er kannte ihren Vornamen bereits, aber das reichte ihm noch lange nicht. »Wie lautet ihr Nachname?«
»Warum? Was wissen Sie über Gretchen?«
»Ich habe sie neulich mit Ihnen zusammen gesehen. Erzählen Sie mir mehr über Gretchen.«
Sie sah ihn mit gerunzelter Stirn an. »Warum soll ich Ihnen von Gretchen erzählen? Damit Sie sie stalken können?«
Hunter senkte den Blick auf die Karten in seiner Hand und versuchte, seine Verärgerung über ihre Zugeknöpftheit zu ignorieren. Durfte man denn nicht mal eine einfache Frage stellen? »Ich bewundere sie … aus der Ferne.«
»Wie ein Stalker.«
»Ich bin kein Stalker. Ich möchte nur gern mehr über sie wissen.«
»Das würde ein Stalker auch sagen.«
Er knirschte mit den Zähnen und starrte sie wütend an. Sie zuckte automatisch zurück, und ihre Miene wirkte alarmiert, als sie seine Narben musterte. Er beschloss, das zu ignorieren. »Ihre Freundin hat keinerlei romantisches Interesse von mir zu befürchten. Ich würde nur gern mehr über sie erfahren.«
Welche Frau wollte denn auch schon mit einem Mann ausgehen, dessen Gesicht derart entstellt war? Nur die Frauen, die hinter seinem Geld her waren, und an denen hatte er kein Interesse. Er wollte eine Gefährtin, keine Hure.
»Oh«, murmelte Brontë und starrte in ihr Weinglas, als gäbe es dort etwas sehr Interessantes zu sehen. »Petty«, sagte sie dann. »Ihr Nachname ist Petty. Sie schreibt Bücher.«
Jetzt machten sie endlich Fortschritte. Im Stillen merkte er sich die Informationen. Gretchen Petty, Autorin. Das konnte er sich gut vorstellen. »Was für Bücher?«
»Bücher, in denen die Namen anderer Leute stehen.«
Er starrte sie ungeduldig an und ärgerte sich, als sie ein wenig auf ihrem Stuhl zusammenschrumpfte. »Sie ist Ghostwriterin?«
Brontë nickte. »Genau. Und Cooper ist in sie verliebt.«
»Cooper? Wer ist Cooper?« Wer immer das auch war, Hunter hasste ihn schon jetzt. Vermutlich sah er gut aus, war eingebildet und bei Weitem nicht gut genug für sie. Verdammt.
»Cooper ist ein Freund. Aber das ist okay, er wird keine Annäherungsversuche machen. Er weiß, dass Gretchen kein Interesse an ihm hat. Sie mag ander