: Christine Brand
: Wahre Verbrechen Die erschütterndsten Fälle einer Gerichtsreporterin - True Crime
: Blanvalet
: 9783641300982
: 1
: CHF 11.60
:
: Gesellschaft
: German
: 336
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Zugleich faszinierend wie erschütternd - reale Fälle, die unter die Haut gehen, erzählt von Gerichtsreporterin und Bestsellerautorin Christine Brand!
Ein junger Mann lockt seinen Freund in eine Höhle, schüttet den Eingang zu und denkt nicht daran, ihn wieder auszugraben. Ein brutaler Mörder nimmt die Familie einer Schmuckverkäuferin als Geisel und droht, sie mit Sprengstoff in die Luft zu jagen. Eine durch einen vermeintlichen Unfall behinderte Frau stirbt in der Badewanne, und niemand merkt, dass es Mord war. Von diesen und weiteren Fällen erzählt Christine Brand auf eindringliche und gleichzeitig feinfühlige Weise. Als Gerichtsreporterin war sie bei den Prozessen hautnah dabei und hat intime Einblicke in die Verbrechen gewonnen. Sie besucht Täter im Gefängnis, spricht mit Ermittlern und Opfern. Ihre Erkenntnisse zu Tat, Motiv und den Abgründen der menschlichen Psyche sind spannender und oft unglaublicher als jeder Krimi!

Lesen Sie auch den ersten True-Crime-Band von Christine Brand: »Wahre Verbrechen - Die dramatischen Fälle einer Gerichtsreporterin«.

Christine Brand, geboren und aufgewachsen im Emmental in der Schweiz, arbeitete als Redakteurin bei der »Neuen Zürcher Zeitung«, als Reporterin beim Schweizer Fernsehen und als Gerichtsreporterin. Im Gerichtssaal und durch Recherchen und Reportagen über die Polizeiarbeit erhielt sie Einblick in die Welt der Justiz und der Kriminologie. Neben der erfolgreichen Milla-Nova-Reihe erscheinen bei Blanvalet auch ihre True-Crime-Titel »Wahre Verbrechen« über Kriminalfälle, die sie als Gerichtsreporterin begleitete. Christine Brand lebt in Zürich und auf Sansibar.

Die Geiseln des Mörders


Es ist Ende September 2016, ein milder Herbsttag in einer gemütlichen Kleinstadt an einem See, der sich wie ein Teppich vor die Berge gebettet hat. Nichts an diesem Abend deutet darauf hin, dass etwas Außerordentliches geschehen wird. Doch dann dringt von einer Sekunde auf die andere das Böse in das Leben der Familie Baumgartner. Danach wird es nie mehr so sein wie davor.

Aline


»Es war ein Abend wie viele andere. Ich habe bis vier Uhr gearbeitet, danach hat mich eine Kollegin nach Hause gefahren. Ich hatte gerade erst vor Kurzem meine Ausbildung abgeschlossen und eine neue Stelle in einem Heim für Demenzkranke angetreten. Zu Hause angekommen, habe ich gemeinsam mit Bastian einen Thunfischsalat zubereitet, auch daran erinnere ich mich noch genau.«

Die Stunden, die Alines Leben verändert haben, sind detailgetreu in ihr Gedächtnis eingraviert. Heute, mehr als sechs Jahre danach, sitzt mir eine junge Frau gegenüber, die ruhig und präzise von dem Unrecht erzählt, das ihr widerfahren ist. Von dem Bösen, das in eine heile Welt eingedrungen ist, ohne Grund, ohne Vorwarnung, zack, aus dem Nichts heraus.

Aline ist zwanzig, als es passiert. Sie wohnt zu dem Zeitpunkt bei ihrer Mutter Carole und ihrem Stiefvater Bastian. Eigentlich ist die Wohnung zu klein für drei Personen, darum haben sie den Dachstock ausgebaut und Aline dort oben ein Zimmer eingerichtet.

»Die Treppe, die von der Wohnung zu mir nach oben führte, liegt hinter einer Schranktür versteckt. Wer nicht weiß, dass es auf dem Dachboden ein zusätzliches Zimmer gibt, würde es nicht finden.«

Bastian und Aline arbeiten in der Küche Hand in Hand, es verspricht ein gemütlicher Abend zu werden. Als der Thunfischsalat fertig zubereitet ist, deckt Bastian den Tisch, Aline begibt sich nach oben und erledigt ein paar Telefonanrufe, auch ihren Freund ruft sie vor dem Abendessen noch an.

»Ich war oben in meinem Zimmer, als meine Mutter nach Hause kam. Ich hörte, wie sie unten in der Wohnung die Tasche fallen ließ. Das war der Moment, in dem ich realisierte, dass etwas nicht gut war. Ich dachte, entweder hat sie extrem schlechte Laune, oder es stimmt etwas nicht. Mama lässt ihre Tasche nie fallen. Sie geht sorgsam mit ihren Sachen um.«

Carole


Um 18.37 Uhr schaltet Carole die Alarmanlage scharf und schließt die Tür des Geschäfts hinter sich ab. Sie ist Filialleiterin einer Bijouterie, einem Schmuckgeschäft in der Altstadt, seit vielen Jahren schon. Alles scheint wie immer, als sie sich an diesem Mittwochabend auf den Nachhauseweg macht. Zu Fuß sind es nur acht Minuten. Sie weiß, dass ihre Tochter Aline und ihr Mann Bastian zu Hause mit dem Essen auf sie warten. Doch sie ahnt nicht, dass seit mehreren Tagen etwas anders ist als sonst: Sie wird beobachtet. Jemand hat sie auserkoren, ein Opfer zu werden.

»Ich erinnere mich, dass er mir aufgefallen ist. Der Kerl saß einige Tage zuvor bei meiner Nachbarin vor dem Haus und hat dort etwas gegessen und getrunken. Ich empfand das als frech. Er befand sich auf Privatbesitz, dort setzt man sich nicht einfach zum Picknicken hin. Ich habe ihn zweimal dort gesehen und mir jedes Mal gedacht, dass ich Bastian darum bitten werde, den Mann von dort wegzuweisen. Aber kaum war ich jeweils zu Hause, sprachen wir über ganz andere Dinge, und ich vergaß es wieder.«

Der unbekannte Mann hat auch vor dem Schaufenster ihres Geschäfts gestanden, hat sie beobachtet und ihren Tagesablauf studiert. An einem Tag hat er Carole und Aline bis zur Post verfolgt und beschattet. Doch beide haben nichts davon gemerkt. Carole, die ein ausgeprägtes Gedächtnis gerade auch für Gesichter hat, erinnert sich nicht daran, ihn je in der Nähe der Bijouterie gesehen zu haben.

»Sie müssen wissen: Beim Geschäft kommen sehr viele Menschen vorbei, sie betrachten das Schaufenster oder kommen herein, gerade auch Männer, die gerne Uhren anschauen. Wenn ich mir da jedes Gesicht merken wollte … Einige kommen immer wieder,