Das HRG von 1976 ist als Novum in der deutschen Hochschulgeschichte anzusehen. Neben einer Reihe anderer Bestimmungen werden darin Grundsätze und Verfahrensregelungen für die Studienreform aufgeführt, so zur Neuordnung des Studienangebots mit dem Ziel, überlange Studienzeiten zu verkürzen. Obwohl das Gesetz detaillierte Regelungen über Studienordnungen und -gänge enthält, hat es keine durchgreifende Änderung bewirkt. Bis Ende der siebziger Jahre mussten die Länder ihr Hochschulrecht an das HRG anpassen, wobei ihnen ein gewisser Spielraum für eigene Akzente blieb. Kritischen Beobachtern galt das HRG von 1976 als kleinster gemeinsamer Nenner aller politischen Kräfte und als Zeichen von Resignation.
Die gängigen Forderungen im Zusammenhang mit der Hochschulpolitik waren Gemeingut der Bildungspolitiker aller Parteien. Irgendwelche Reformen wollten Ende der sechziger Jahre nahezu alle.
Es bedeutete keinen Einschnitt, wenn Brandt in seiner Regierungserklärung des ersten sozial-liberalen Koalitionskabinetts 1969 der Bildungspolitik Priorität einräumte, sondern vielmehr die Bestätigung eines laufenden Prozesses. Das Pathos des (vermeintlichen) Neuanfangs erhöhte allerdings den Erwartungsdruck. Vor allem aber förderte die noch wachsende Bewertung der Bildungsreform als Grundlage der Gesellschaftsveränderung die parteipolitische Polarisierung und Ideologisierung der Bildungspolitik62