2 Kapitel
Freitag, 5. Februar 2021, 9:23 Uhr
Lukas Sontheim schloss die Tür zu seinem Büro in der Höhenberger Straße auf, das er seit Anfang des Jahres sein Eigen nannte.Lukas Sontheim – Private Ermittlungen stand in schwarzen Lettern auf der Glastür des ehemaligen Kiosks, den er vor wenigen Wochen von dem netten Vorbesitzer, einem älteren Herrn, übernommen hatte. Der knapp sechzehn Quadratmeter große Raum lag etwas mehr als einen Kilometer von seiner Wohnung in der Schleuterstraße in Köln-Kalk entfernt. Lange hatte er darüber nachgedacht, ob er dem Drängen seines ehemaligen Partners Jürgen Brenner, dem Leiter der Kölner Mordkommission, nachgeben und wieder in den Polizeidienst eintreten sollte. Doch dann hatte er sich entschieden, sein eigenes Ding durchzuziehen.
Ausschlaggebend für diesen Entschluss waren die Ereignisse wenige Monate zuvor. Zusammen mit seinem Kumpel Andreas Lichtenstein, einem begnadeten IT-Spezialisten und ehemaligen Hacker, hatte er einen Serienmörder zur Strecke gebracht. Der Killer mit dem Namen Orkus hatte seine Opfer auf höchst perfide Art vor laufender Kamera getötet. Als er dem Mörder in die Quere gekommen war, war es zu einem Kampf auf Leben und Tod gekommen – mit dem besseren Ende für ihn. Wenige Wochen später hatte sich Sontheim vor Gericht wegen der tödlichen Messerattacke auf den Serienkiller verantworten müssen. Der Richter hatte, wie nicht anders zu erwarten gewesen war, zu seinen Gunsten entschieden. Er hatte in Notwehr und deshalb nicht rechtswidrig gehandelt und war als freier Mann aus dem Gerichtssaal spaziert. Auch wenn Sontheim es ungern zugab: Durch die damaligen Ermittlungen hatte er wieder Blut geleckt. Er hatte keine Lust mehr, sich mit Aushilfsjobs über Wasser zu halten. Das Geld, das der Hausverkauf nach dem gewaltsamen Tod seiner geliebten Frau Nina und seinem Engelchen Linda eingebracht hatte, war längst aufgebraucht. Als Brenner ihm das Angebot gemacht hatte, wieder zur Truppe zu stoßen, war er ins Grübeln geraten. Aber er konnte sich nicht vorstellen, sich noch einmal die Karriereleiter bei der Polizei hochzuarbeiten, schließlich war er selbst einst Leiter der Kölner Mordkommission gewesen. Also hatte er beschlossen, sein Glück als Privatdetektiv zu versuchen und sein eigener Herr zu bleiben.
Die Annonce imKölner Stadtanzeiger, in der ein Nachmieter für den Kiosk gesucht wurde, kam damals wie gerufen. Da die Übernahme des Ladens nicht zweckgebunden war, konnte er sich hier niederlassen und sein kleines Detektivbüro einrichten. Kurz vor Weihnachten hatte er den Mietvertrag unterschrieben. Schon am Neujahrstag war er mit zwei Farbeimern und Streichutensilien angerückt und hatte dem Einraumbüro einen neuen Anstrich verpasst. Das große Schaufenster zierte jetzt eine blickdichte Folie und schützte ihn vor neugierigen Blicken. Die Innenausstattung hatte er gebraucht im Internet gekauft. Mehr als einen Schreibtisch, ein paar Stühle und einen abschließbaren Aktenschrank hatte er für den Anfang ohnehin nicht gebraucht. Lichtenstein, den er der Einfachheit halber immer nur »Ali« nannte, hatte ihn zu seiner großen Freude mit einem Computer und einem Drucker ausgestattet. Nicht einen Euro hatte er dafür berappen müssen - es war ein Geschenk gewesen. Sein Kumpel war ihm immer noch dankbar, weil er ihm wenige Monate zuvor den Hintern vor dem durchgeknallten Serienmörder Orkus gerettet hatte. Sie waren damals nur knapp dem Tod entronnen, wobei Christoph Laumann, der Schlächter von Köln, aus dem Knast heraus die Fäden gezogen hatte. Sontheim hatte Laumann im Knast aufgesucht, um herauszufinden, wie es ihm gelungen war, Orkus auf seine Seite zu ziehen und als sein verlängerter Arm außerhalb des Knasts zu operieren. Natürlich hatte Laumann beharrlich geschwiegen und ihn lediglich angegrinst. Auch Brenner und dessen Kollegen hatten sich an dem Kerl die Zähne ausgebissen.
Schon kurz nach der Eröffnung der Detektei hatte er den ersten Klienten begrüßen dürfen. Ein Ex-Kollege der Kölner Polizei hatte ihn beauftragt, die Ehefrau diskret zu überwache