: Isabella Trummer
: Schatten über dem Schilcherland Kriminalroman
: Emons Verlag
: 9783987071195
: 1
: CHF 9.80
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 336
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Ein düsteres Versteckspiel in der Steiermark, das die Abgründe der menschlichen Seele offenbart. Das Leben ist ihm etwas schuldig. Davon ist Leopold Kranzelmeier tief überzeugt. Aufgewachsen in ärmlichen Verhältnissen im weststeirischen Teigitschgraben, nutzt er sein Umfeld rücksichtslos aus und gibt anderen die Schuld für sein Versagen. Spielschulden treiben ihn schließlich in die Kriminalität - und plötzlich müssen Menschen sterben. Als er ins Visier von Inspektor Kammerlander gerät, trifft er eine ungeheuerliche Entscheidung mit unabsehbaren Folgen.

Isabella Trummer wurde 1958 in Maria Lankowitz (Weststeiermark) geboren. In Graz absolvierte sie eine Ausbildung zur Diplompädagogin in Englisch und Bildnerischer Erziehung sowie zur Bildungs- und Schülerberaterin. Neben ihrer Unterrichtstätigkeit schreibt sie Kriminalromane, die in der Weststeiermark angesiedelt sind, wo sie lebt und arbeitet.

Oktober


1


Als er die Augen öffnet, ist es, als schwebte er in einem weißen Vakuum. Ohne Gefühl, ohne Gedanken, schwerelos. Seine Lider zittern, er muss blinzeln. Allmählich dringt ein Laut zu ihm durch, weit weg, regelmäßig wiederkehrend. Er blinzelt noch einmal, der Ton wird lauter. Er schließt die Augen, versucht, ihn auszublenden, wieder in die Schwerelosigkeit zurückzufinden, doch das Geräusch krallt sich hartnäckig in sein Bewusstsein.

Erneut hebt er die Lider an, starrt ins Weiß einer Zimmerdecke, fokussiert eine Neonlampe. Er probiert, den Kopf zu drehen, doch es will ihm nicht gelingen. Er kann auch Arme und Beine nicht bewegen, es ist, als ob sein Gehirn sich weigerte, Befehle an die Muskeln auszusenden. Nur seine Augäpfel gehorchen ihm noch. Er wendet sie nach rechts und links, und langsam reift in ihm die Erkenntnis, dass er in einem Krankenzimmer liegt, angeschlossen an Maschinen, die seine Körperfunktionen überwachen.

Diese Situation hat keinen Bezug zu ihm.Er hat zu sich selbst keinen Bezug. Noch stellt er sich keine Fragen darüber, wie es dazu kam und warum. Er ahnt: Wenn er anfängt zu denken, überrollt ihn die Angst. Doch schon spürt er den schleichenden Wunsch zu wissen, zu verstehen. Die friedliche Apathie löst sich auf wie Nebel in der Morgensonne.

Eine Tür wird geöffnet, und ein freundliches Frauengesicht tritt in sein Blickfeld. Die Schwester lächelt, als sie wahrnimmt, dass er wach ist.

»Na, da ist er ja wieder! Schönen guten Morgen. Dann wollen wir mal schauen …«

Redet sie mit ihm? Er kann mit ihren Worten nichts anfangen. Seine Augen folgen den Bewegungen der Frau, ihren raschen, fachkundigen Handgriffen.

»Wie geht es Ihnen?« Sie beugt sich zu ihm. »Haben Sie Schmerzen?«

Er öffnet den Mund, aber er kann nicht sprechen. Anscheinend hat die Schwester keine Antwort erwartet, denn sie redet munter weiter, während sie Daten von einem Monitor abliest und einen Infusionsbeutel kontrolliert.

»Schön. Das sieht alles schon einmal gut aus. Die Dosis der Schmerzmittel müsste auch ausreichen.«

Was ist mit ihm? Warum liegt er hier? Wieso spürt er nichts? Ist er … gelähmt? Mit eisigen Händen greift die Angst nach ihm.

»Ich werde jetzt langsam die Rückenlehne hochfahren und Ihren Blutdruck messen, in Ordnung?«

Ein leises Surren ertönt, während sein Oberkörper in Schräglage gebracht wird. Jetzt kann er den Großteil des Zimmers überblicken. Er nimmt einen dezenten Parfumgeruch wahr, wahrscheinlich von der Frau. Nein, der Duft entströmt einem riesigen Blumenstrauß auf dem kleinen Tisch an der Wand. Wer hat ihm den gebracht?

Die Schwester legt ihm die Schlaufen des Messgeräts um den linken Oberarm, und er spürt ein zunehmendes Druckgefühl. Gott sei Dank! Wenn er das registriert, kann er nicht gelähmt sein. Zumindest nicht vollständig.

Wieder versucht er zu sprechen. »Wa… wa…s …?«

»Haben Sie Durst?«

Sie hält ihm einen Becher mit Strohhalm an die Lippen.

Er trinkt einen Schluck, dann probiert er es wieder. »Wa… was … ist mit mir?«

»Sie meinen Ihre Verletzungen? Das wird Ihnen Oberarzt Dr. Krammer erzähle