: Christian Dörge
: MACHIAVELLI UND DIE TEUFELIN Ein Kriminal-Roman aus München
: Signum-Verlag
: 9783757922771
: 1
: CHF 4.80
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 182
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
München, 1985. In einer eleganten Wohnung in der Nähe des Nymphenburger Schlosses wird die nackte Leiche einer jungen Frau gefunden - sie wurde offenkundig ermordet. Hinweise deuten darauf hin, dass sie vor ihrem Tod beabsichtigt hatte, den Privatdetektiv Bruno Machiavelli zu kontaktieren; ihre Ermordung kam diesem Ansinnen allerdings zuvor. Dennoch ist Kommissar Xaver Diestelkamp von der Münchner Kriminalpolizei davon überzeugt, dass Machiavelli die Ermordete kannte - und so gerät der eigenbrötlerische Privatdetektiv unversehens in einen Mordfall, in dem ein mysteriöses Doppelspiel, pornographische Fotos und ein skrupelloser Gangsterboss ihm das Leben reichlich schwer machen... MACHIAVELLI UND DIE TEUFELIN ist der vierte Band einer Roman-Serie um den Münchner Privatdetektiv Bruno Machiavelli aus der Feder von Christian Dörge, Autor u. a. der Krimi-Serien EIN FALL FÜR REMIGIUS JUNGBLUT, DIE UNHEIMLICHEN FÄLLE DES EDGAR WALLACE, FRIESLAND und der Frankenberg-Krimis um den Privatdetektiv Lafayette Bismarck.

Christian Dörge, Jahrgang 1969. Schriftsteller, Dramatiker, Musiker, Bildender Künstler, Theater-Schauspieler und -Regisseur.

  Zweites Kapitel


 

 

Als ich mich wieder zu Diestelkamp umdrehte, bemerkte ich, dass der hübsche Junge am anderen Ende des Sofas mich beobachtete. Er fühlte sich ertappt und wandte den Blick ab.

»Wie heißt sie?«, fragte ich Diestelkamp.

Er zuckte die Achseln. »Das müsstenSie doch wissen.«

»Nein«, antwortete ich entschieden, »ich weiß esnicht. Was haben Sie mir vorhin am Telefon gesagt?«

Er deutete mit der Linken hinüber zur Wand.

Ich schaute hinüber. Dort stand ein kleiner Mahagonischreibtisch mit Schubladen an beiden Seiten. Auf dem Tisch lag ein aufgeschlagenes Branchentelefonbuch. Ich verspürte keine Lust, es mir anzusehen.

»Was steht drin?«, fragte ich.

»Sehen Sie selbst nach«, sagte Diestelkamp.

Sieh an, seine Lippen bewegten sich wieder. Ihm lag demnach viel daran, dass ich mir das Buch ansah, aber er hätte das nie zugegeben. Lieber wartete er bis zum nächsten Morgen. Ich spielte mit dem Gedanken, ihn ruhig warten zu lassen, aber dann fielen mir seine beiden Kollegen ein, vor denen ich ihn nicht bloßstellen wollte.

Ich ging um den weißen Teppich herum auf den Schreibtisch zu und spürte dabei einen schwachen Parfümduft.

Sterben denn niemals die Alten?, dachte ich.Die Heruntergekommenen, die Verlotterten, die Hässlichen? 

Nein, dachte ich weiter,es sterben immer nur die Jungen, die Schönen, die Starken.

Dann schob ich diese Gedanken beiseite, denn wenn man so etwas denkt, bringt man es in meinem Beruf nicht weit.

Alle anderen im Zimmer hatten inzwischen ihre Tätigkeit eingestellt und beobachteten mich. Selbst die beiden Männer aus dem Polizeilabor beobachteten mich aus halb gebückter Haltung, als ich vor dem Schreibtisch stand. Der Fotograf hatte seine Kamera herumgedreht. Ich warf einen Blick über die Schulter und sah, dass sie nun auf mich gerichtet war. Ich wollte gerade etwas zu Diestelkamp sagen, da blendete mich ein Blitzlicht. Ich blieb stehen, bis ich wieder deutlich sehen konnte.

»Was hat er mit den Bildern vor?«, wollte ich wissen. »Will er sie an die Zeitungen verkaufen? Für die Frau auf dem Teppich bekommt er einen guten Preis.«

Der Fotograf beschäftigte sich intensiv mit seinem Apparat. Diestelkamp stand auf und ging zu ihm hinüber.

»Geben Sie mir die Kassette«, sagte er.

Der Fotograf sah ihn an. »Ich dachte, Sie wollten...«

»Geben Sie mir die Kassette«, wiederholte Diestelkamp. »Sie wissen ganz genau, was Sie aufnehmen sollen. Drehen Sie Ihren verdammten Kasten anders herum.«

Achselzuckend zog der Fotograf die Filmkassette aus der Rückseite der Kamera und reichte sie Diestelkamp. Diestelkamp öffnete sie, riss den Film heraus und zerdrückte ihn zwischen den Fingern. Dann gab er dem Mann die Kassette zurück und warf den verdorbenen Film in eine Zimmerecke. Er kehrte mit schwerfälligen Schritten zu seinem Sofa zurück.

Ich sah in das aufgeschlagene Verzeichnis, konnte mich aber nicht dazu überwinden, es richtig zu lesen. Dann musste ich wieder hinüberschauen zu der toten Frau auf dem Teppich, dieser schönen Frau mit dem dichten schwarzen Haar und dem lieblichen Gesicht, deren Augen jetzt so seltsam ins Leer