: Nikolaus Warkentin
: Das Geheimnis des vernebelten Passes
: epubli
: 9783754127728
: 5
: CHF 6.20
:
: Erzählende Literatur
: German
: 494
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Ein Ehepaar macht Urlaub auf der Insel Madeira, bewandert Bergpfade und Levadas, macht Ausflüge zu den lokalen Sehenswürdigkeiten und besucht zahlreiche Orte. Als Ausgangspunkt für die Entdeckungstouren dient das Berghotel 'Encumeada' am gleichnamigen Pass an der Wetterscheide in der Mitte der Insel. Oft wolkenverhangen und in Nebelschleier gehüllt, birgt der Bergpass, wie es scheint, ein Geheimnis, das vor allem dem Ehemann keine Ruhe lässt. Es passieren merkwürdige Dinge, die ihn an seinem Verstand zweifeln lassen. Mysteriöse Visionen aus einer parallelen Wirklichkeit plagen ihn. Sie werden auf eine geheimnisvolle Art immer dann ausgelöst, wenn er sich in der näheren Umgebung des vernebelten Passes befindet. Ungeahnte Fähigkeiten und über die menschliche Geisteskraft hinausgehende Erkenntnisse werden ihm zuteil. Seine Hoffnungen, dass die seltsamen Ereignisse mit der Abreise von der Insel ihr Ende haben werden, erfüllen sich nicht. Die Parallelwelt holt ihn während des Heimfluges ein. Der Handlung im Roman liegen wahre Erlebnisse während eines Urlaubs zugrunde, den der Autor zwischen dem 14. und dem 30. Juli 2014 auf der Insel Madeira verbracht hat. Mit ein wenig Fantasie entstand aus dem Reisebericht eine spannende Geschichte.

Geboren in Omsk. Studierte an der pädagogischen Hochschule und arbeitete anschließend als Lehrer für Deutsch und Englisch. Doch schon nach fünf Jahren beendete er seine Laufbahn als Schullehrer und wandte sich anderen Dingen zu. Von einem Schichtarbeiter in einer Ölraffinerie über einen schlichten kaufmännischen Sachbearbeiter bis zur gehobenen Stellung mit Entscheidungsvollmachten und letztendlich zum selbständigen Unternehmer - nichts war ihm fremd. Seit 2003 in Meckenheim bei Bonn zu Hause und wie das Schicksal es wollte, verspürte er im Jahre 2020 das Bedürfnis zum Schreiben.

* * *

 

Der erste Blick auf den Pass bot sich aus dem Fenster eines Kleinbusses, der uns vom Aeroporto do Funchal zu dem in der Wildnis versteckten Berghotel »Encumeada« brachte. Das Bild war beeindruckend. Wie eine weiße von grauen Schatten durchsetzte Haube bedeckte eine aufwallende Wolke den mächtigen Bergkamm in der Mitte der Insel. Immer wenn es ein kalter Windstoß von der Nordseite über die felsigen Bergspitzen auf die Südseite schaffte, bildeten sich neue Schwaden, wirbelten den Hang hinunter und verschwanden wie Gespenster, aufgelöst durch den aufsteigenden warmen Atem der Südküste. Währenddessen erinnerte ich mich an meine ersten Erlebnisse nach der Ankunft auf der Insel.

Der Busfahrer, der uns vom Flughafen abgeholt hatte, war ein schlanker, eher ein etwas zu schlanker Portugiese Anfang dreißig – ein geselliger Typ, der während der Fahrt hin und wieder etwas über seine Heimatinsel erzählte: sehenswerte Orte, spektakuläre Aussichten und Madeirawein, halt über alles, was seiner Meinung nach Touristen interessieren konnte.

»Wollen Sie das Haus von Cristiano Ronaldo besuchen?«, fragte er stolz in einem guten Deutsch, nachdem wir zwei jüngere Urlauberinnen von unserem Flug an ihrem Hotel am Rande von Funchal abgesetzt hatten.

Solche Absichten hatten wir mit Angelina nicht! Ehrlich gesagt war es mir bis zu diesem Augenblick auch nicht bewusst gewesen, dass der Mann von dieser Insel stammte.

Ich antwortete vielleicht eine Sekunde zu schnell: »Nein, eigentlich nicht!« Man konnte es dem Fahrer ansehen, dass er etwas enttäuscht war, und ich fügte gleich versöhnlich hinzu: »Wir interessieren uns nicht für Fußball.«

Das stimmte nicht ganz, auf keinen Fall wollte ich aber die einheimische Bevölkerung mit meiner Meinung zu dem einen oder dem anderen Problem in der Welt schon bei der Ankunft konfrontieren.

»Ja, wir gucken nur ab und zu mal die Weltmeisterschaft, Spiele mit der deutschen Mannschaft«, pflichtete mir meine Frau bei.

Der Fahrer wollte das Thema offensichtlich nicht vertiefen, was ganz in meinem Sinne war, und steuerte seinen Kleinbus friedlich ein Liedchen summend auf die Autobahn zu. Es dauerte nicht viel länger als eine Viertelstunde, bis uns die Schnellstraße nach einer Reihe von Tunnelpassagen in ein malerisches Tal brachte, wo ein größerer Verkehrsknotenpunkt mit seinen Kreuzungen, Unterführungen und Viadukten das schöne Bild etwas weniger schön machte. In Ribeira Brava, wo wir laut Beschilderung angekommen waren, endete die vierspurige Strecke und der Fahrer nahm in der Ausfahrt den Abzweig nach São Vicente, der kurz darauf in die Passstraße von Encumeada mündete. Es war die Zielgerade zu unserer Unterkunft, wenn man es so wollte. Den Straßenabschnitt hatten wir uns schon zu Hause mehrmals in der Streetview angesehen, sodass ich mich einigermaßen orientieren konnte.

Die tiefe Schlucht, die das wilde Flüsschen Ribeira Brava in den Fels gegraben hatte, zog sich vom Encumeadamassiv hoch oben in der Inselmitte bis zum gleichnamigen Ort an der Küste, der schon zu Entdeckerzeiten so manch eine Karavelle erlebt hatte, die ins Ungewisse ablegte. Ribeira Brava teilte sich einige Kilometer aufwärts in viele Wildbäche auf, oder besser gesagt setzte sich aus vielen Flüsschen zusammen, von denen jedes sein eigenes kleines Tal oder eine enge Schlucht im Laufe der Zeit gebildet hatte. Die Straße folgte immer dem Verlauf des weitläufigen, von massiven Felswänden gesäumten Haupttals, bis sie im Túnel da Encumeada verschwand, um nach drei Kilometern wieder auf der Nordseite aufzutauchen. Unser Weg führte aber nicht durch den Tunnel. Nach einiger Zeit verließen wir die viel befahrene Tunnelstraße. An einer Gabelung bog der Fahrer ab auf die alte Passstraße, die noch vor fünfzehn Jahren die einzige Verbindung zwischen den Küsten gewesen war. Eine erlebnisreiche Fahrt zum Pass auf einer Bergstraße, die sich schlangenartig um die Schluchten und Felsvorsprünge nach oben wand, nahm ihren Anfang!

»Ihr Hotel ist dort!«, rief der Busfahrer fröhlich, als ich mit dem Einordnen meiner jüngsten Erinnerungen fertig war, und zeigte mit der Hand nach vorne, auf die Wol