Ausgangspunkt: Die naive Vorstellungswelt.
Wie kommt man zum Schreiben! Diese Frage muß der Schriftsteller bei Diskussionen immer wieder beantworten, offensichtlich vermutet man da ein Geheimnis. Es gibt aber kein Geheimnis. Zunächst könnte man sagen: Jeder von uns hat die Fähigkeit, ja er wird geradezu gezwungen, einen Wechsel von der tatsächlichen Welt in die Vorstellungswelt zu vollziehen. Montaigne umschreibt dies klar mit seiner Bemerkung: Es sind nicht die Dinge selbst, die uns ein Leben lang umtreiben, sondern es sind die Vorstellungen, die wir uns von den Dingen machen.
Trotzdem gilt die landläufige Meinung, der Mensch sei vor allem ein erkennendes Wesen und er müsse, was seiner Vorstellungswelt angehört, durch den Begriff hinwegleuchten. Das auf Erkenntnis ausgerichtete Denken gilt mehr als das spekulative Denken der Phantasie. Das war nicht immer so. In der Antike waren Erkenntniswelt und Vorstellungswelt ununterscheidbar. Wir wissen, daß HomersIlias den Griechen als wissenschaftliche Geschichte galt ebenso wie den Römern die Werke des Tacitus, der munter Legenden und Fakten durcheinandermischte, oder die Schriften des Polybius, der alle mediterranen Vorgänge seit Alexander und Hannibal harmonisch aufeinander abstimmte. Ähnlich verfährt die römische materialistische Philosophie.De rerum natura von Lukrez, in Hexametern geschrieben, behandelt die Bewegungen der Materie ganz so wie die Bewegung der vorgestellten Götter. »Wie Zeus«, schrieb Marx, »unter den tosenden Waffenkämpfen der Kureten aufwuchs, so hier die Welt unter dem klingenden Kampfspiel der Atome.« Marx nannte die Antike »die natürliche Kindheit der Menschheit«, und auch die Scholastik des Mittelalters betrieb Wissenschaft einzig zu dem Z