: Bengt Thomas Jörnsson
: Friesen Fetisch
: Emons Verlag
: 9783863589721
: 1
: CHF 6.90
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 256
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Eine Boutiquebesitzerin wird tot am Strand aufgefunden, bekleidet mit nichts weiter als einem Nerzmantel. Ein neuer Fall für Kriminalhauptkommissarin Katharina Berg, der sie in die Welt skrupelloser Geschäftemacher und engagierter Tierschützer führt. Der junge Polizeimeister Nils Hansen hingegen präsentiert Regenmode vor der Kamera - und gerät in allerlei erotische Verwicklungen. Mord, Erotik, Meer und mehr: heiße Szenen im kühlen Norden.

Bengt Thomas Jörnsson, geb. 1969 in Bremerhaven, ist Pädagoge, Germanist und promovierter Psychologe. Bevor er sich ganz dem Schreiben gewidmet hat, war er einige Jahre in der Wissenschaft tätig. Jörnsson ist verheiratet und lebt und arbeitet in Kiel.

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Die Atmosphäre war perfekt.

Die große Schaufensterscheibe, die mit Brettern vernagelt war. Die schmalen Lichtstrahlen, die zwischen den Ritzen hindurchfielen. Und die chromglänzenden Stangen mit den schwarzen Pelzmänteln.

Das Problem war das Model, das lasziv neben den Garderobenständern an der Wand lehnte. Oder, richtiger gesagt: lehnen sollte. Tatsächlich hatte das Mädchen die sinnliche Ausstrahlung einer Kleiderpuppe.

Dorothea Nissen seufzte. Sie konnte noch immer nicht glauben, dass sie hier gelandet war. Und dass ihr nichts anderes übrig blieb, als mit dieser drittklassigen Darstellerin an dem Projekt zu arbeiten, das ihr letzter Strohhalm war.

Dabei war sie doch schon ganz oben gewesen. Das Ausnahmetalent. Die Jahrhundertbegabung. Das choreographische Genie.

Und nun stand sie hier in Brittas winziger Boutique und versuchte, Vanessa Schultheis zur Hauptattraktion einer erotischen Fotostrecke zu machen.

Dorothea betrachtete das Model mit den aberwitzig hohen Absätzen. Rein optisch war Vanessa mit ihren warmen braunen Augen, dem roten Schmollmund und den wohlgerundeten Brüsten die bestmögliche Besetzung. Aber ihr mangelndes schauspielerisches Talent verdarb die Aufnahmen. So wie jetzt.

Dabei war Vanessas Aufgabe eigentlich ganz einfach: Sie sollte zeigen, wie sie sehnsüchtig dem Treffen mit einem feurigen Liebhaber entgegenfieberte. Vanessa probierte es, indem sie Mund und Augen weit aufriss und die Aufschläge ihres Mantels umklammerte. Was generell kein schlechter Ansatz war, aber bei Vanessa funktionierte es nicht. Sie sah aus wie ein Reh, das vom Scheinwerferlicht eines herannahenden Autos geblendet wurde.

Dorothea Nissen wedelte ungeduldig mit den Händen.

»Nimm die Arme nach oben«, verlangte sie. »Stell dir vor, du stehst mit dem Rücken zum Meer auf einem Schiff und hältst dich an der Reling fest. Und denk daran: Du wartest gerade auf den wunderbarsten Moment deines Lebens. Nicht auf deinen Henker.«

Vanessa nickte und streckte gehorsam die Hände aus. Ihr Nerzmantel klaffte auf und zeigte die Ansätze ihrer weißen Brüste, die einen schönen Kontrast zu dem schwarzen Pelz bildeten. Ihre braunen Locken hingen ihr ins Gesicht.

Trotzdem blieb das Bild schief. So willig das Model auch war, ihm fehlte einfach diese gewisse Ausstrahlung.

»Steh nicht so hölzern«, sagte Dorothea. »Du bist nicht das ›T‹ beim heiteren Buchstabenraten.«

Vanessa kicherte und hob die Arme weiter nach oben.

Dorothea verdrehte die Augen.

»Du bist auch nicht das ›Y‹.« Entnervt ging sie in das Büro hinter dem Laden, um eine Flasche Sekt zu holen. Wenn sie mit den Aufnahmen heute noch fertig werden wollten, musste der Entspannungsprozess ein wenig beschleunigt werden.

Vanessa kippte ein Glas Sekt hinunter und nahm dann ihre Position wieder ein. Es sah immer noch gestellt aus.

Doroth