Kapitel 1
25. Oktober 2037, 2:00 Uhr
Jahr fünf nach dem Ausbruch
Palo Duro Canyon, Texas
Eine noch warme Leiche über den Boden des Canyons zu schleifen, war nicht Teil des Plans gewesen. Überhaupt war in der Woche seit seiner Ankunft kaum etwas so gelaufen, wie Charlie Pierce es erwartet hatte. Aber es gab nun mal einen Job zu erledigen.
Egal welche Hindernisse oder unvorhergesehene Umstände auftauchen würden: Pierce musste liefern, denn General Roof war für den bevorstehenden Angriff auf die Ergebnisse seiner Aufklärungsmission angewiesen.
Pierce schlurfte tief nach vorne gebeugt rückwärts und zog dabei die Leiche durch Gestrüpp, über Felsgestein und durch ausgetrocknete Flussläufe. Er wusste nicht, wie weit er noch gehen musste, bis er am richtigen Ort war. An dem Ort, an dem er die Leiche des Mannes entsorgen würde, den er hatte töten müssen. Er würde es wissen, wenn er ihn erreicht hatte.
Ein Blitz zuckte über den Himmel und erleuchtete die steilen, schroffen Wände des Canyons. Donner folgte kurz darauf und hallte durch das weite Tal von Palo Duro. Pierce blieb kurz stehen und ließ die Leiche zu Boden sinken. Er stellte sich aufrecht hin und stemmte die Hände in die Hüften. Er war außer Atem und schwitzte trotz der fast eisigen Temperaturen so sehr, dass sein Hemd bereits nass war. Er spürte die Verdunstungskälte, als ihm der Schweiß vom Nacken aus über den Rücken lief.
Eine weitere gezackte Gabel aus Licht stieß in den schwarzen Himmel und pulsierte. Donner krachte und hallte von den Felswänden wider, bevor das Nachglühen des Blitzes erloschen war. Der Sturm rückte offenbar immer näher.
Pierce überlegte kurz, ob das aufziehende Unwetter nicht vielleicht auch seine guten Seiten hatte, denn ein ordentlicher Regen würde die Spuren wegwaschen, die er zwangsläufig hinterlassen hatte.
Er hatte dem Mann während eines kurzen Handgemenges das Genick gebrochen. Es war ein Wachposten der Dweller, denen es noch immer gelang, sich dem Zugriff des Kartells zu entziehen, und er hatte einfach zu viele Fragen gestellt und sich zu sehr dafür interessiert, wer Pierce war und was er hier suchte. Pierce hatte versucht, sich aus der Zwickmühle herauszureden, aber ohne Erfolg.
Ganz unten im Canyon hatte Pierce nämlich einen Kommunikationsbunker entdeckt, zwei Meilen vom großen Lager der Dweller entfernt.
Der Bunker war nicht viel mehr als eine Höhle gewesen, die die Natur in die Felswände geschnitten hatte. Es gab mehrere Funkstationen, deren orangefarbene Displays ein warmes, an Feuer erinnerndes Leuchten an die blassen Wände geworfen hatte. Das Rumpeln und Summen eines Generators hatte Pierce letzten Endes dorthin geführt. Die Wüstennacht trug jegliche Geräusche nämlich über weite Entfernungen und das Poltern war noch aus einer halben Meile Entfernung deutlich zu hören gewesen.
Ein dünner, getarnter Draht, der als Verlängerung der Antenne diente, verlief die steile Wand hinauf, soweit Pierce das im Dunkeln hatte erkennen können. Über das Kommunikationssystem der Dweller zu stolpern war für den Spion ein glücklicher und ents