: Viola Maybach
: Ein Graf sieht rot Der kleine Fürst 265 - Adelsroman
: Martin Kelter Verlag
: 9783740969578
: Der kleine Fürst
: 1
: CHF 1.60
:
: Erzählende Literatur
: German
: 100
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Viola Maybach hat sich mit der reizvollen Serie 'Der kleine Fürst' in die Herzen der Leserinnen und Leser geschrieben. Alles beginnt mit einem Schicksalsschlag: Das Fürstenpaar Leopold und Elisabeth von Sternberg kommt bei einem Hubschrauberunglück ums Leben. Ihr einziger Sohn, der 15jährige Christian von Sternberg, den jeder seit frühesten Kinderzeiten 'Der kleine Fürst' nennt, wird mit Erreichen der Volljährigkeit die fürstlichen Geschicke übernehmen müssen. 'Der kleine Fürst' ist vom heutigen Romanmarkt nicht mehr wegzudenken. »So, meine Liebe«, sagte Cora Bühler und setzte die beiden Tassen behutsam auf das edle Silbertablett, »mit zwei Löffeln Zucker und einer schönen Sahnehaube, wie Sie beide es am liebsten mögen.« Ihre Worte waren an Lili Hausmann gerichtet, die fast halb so alt war wie sie, nämlich dreiundzwanzig. Cora war fünfundvierzig und seit beinahe zwei Jahrzehnten als Haushälterin und Köchin bei Johannes Graf von Ammerthal und seinem Sohn Florian tätig, Lili war seit fast zwei Jahren Florians Kindermädchen und hatte sich sofort eng an Cora angeschlossen. Bei den Worten der Älteren errötete sie heftig, weil sie, genau wie der elfjährige Florian, Süßigkeiten liebte. ?Schleckermäulchen? nannte Cora sie beide gelegentlich mit liebevoll-mütterlichem Unterton. Graf Johannes sah es nicht gern, wenn sein Sohn Zucker in die heiße Schokolade bekam, aber Cora nahm sich die Freiheit heraus, manche seiner Anweisungen zu übergehen, wenn sie fand, dass es ?dem Jungen? gut tat. Florian hatte vor zweieinhalb Jahren seine Mutter verloren. Cora fand, wenn zwei Löffel Zucker wenigstens für ein paar Augenblicke ein Lächeln auf sein sonst so trauriges Gesicht zauberten, waren sie gut angelegt und man konnte reinen Gewissens darüber hinwegsehen, dass sie vielleicht seinen Zähnen schadeten. Bei Graf Johannes war es schwieriger, ihm ein Lächeln zu entlocken. Mit zwei Löffeln Zucker war es da nicht getan. Cora erinnerte sich nicht einmal, wann sie ihn zum letzten Mal hatte lächeln sehen. »Wenn das der Graf sähe«, sagte Lili leise. Sie sah noch jünger aus als sie war, man hätte sie auch für einen Teenager halten können mit ihrem spitzen kleinen Gesicht, in dem vor allem die warmen braunen Augen auffielen. Auch sonst schien alles an ihr klein und spitz zu sein. Wann immer Cora, die zu gemütlicher Fülle neigte, sie ansah, hatte sie das Gefühl, sie ein wenig aufpäppeln zu müssen. »Er sieht es aber nicht, und den Jungen macht es glücklich«, erklärte sie gelassen. »Wo bleibt er denn eigentlich?

Viola Maybach hat sich mit der reizvollen Serie 'Der kleine Fürst' in die Herzen der Leserinnen und Leser geschrieben. Der zur Waise gewordene angehende Fürst Christian von Sternberg ist ein liebenswerter Junge, dessen mustergültige Entwicklung zu einer großen Persönlichkeit niemanden kalt lässt. Viola Maybach blickt auf eine stattliche Anzahl erfolgreicher Serien zurück, exemplarisch seien genannt 'Das Tagebuch der Christina von Rothenfels', 'Rosenweg Nr. 5', 'Das Ärztehaus' und eine feuilletonistische Biografie. 'Der kleine Fürst' ist vom heutigen Romanmarkt nicht mehr wegzudenken.

»So, meine Liebe«, sagte Cora Bühler und setzte die beiden Tassen behutsam auf das edle Silbertablett, »mit zwei Löffeln Zucker und einer schönen Sahnehaube, wie Sie beide es am liebsten mögen.«

Ihre Worte waren an Lili Hausmann gerichtet, die fast halb so alt war wie sie, nämlich dreiundzwanzig. Cora war fünfundvierzig und seit beinahe zwei Jahrzehnten als Haushälterin und Köchin bei Johannes Graf von Ammerthal und seinem Sohn Florian tätig, Lili war seit fast zwei Jahren Florians Kindermädchen und hatte sich sofort eng an Cora angeschlossen.

Bei den Worten der Älteren errötete sie heftig, weil sie, genau wie der elfjährige Florian, Süßigkeiten liebte. ›Schleckermäulchen‹ nannte Cora sie beide gelegentlich mit liebevoll-mütterlichem Unterton.

Graf Johannes sah es nicht gern, wenn sein Sohn Zucker in die heiße Schokolade bekam, aber Cora nahm sich die Freiheit heraus, manche seiner Anweisungen zu übergehen, wenn sie fand, dass es ›dem Jungen‹ gut tat. Florian hatte vor zweieinhalb Jahren seine Mutter verloren. Cora fand, wenn zwei Löffel Zucker wenigstens für ein paar Augenblicke ein Lächeln auf sein sonst so trauriges Gesicht zauberten, waren sie gut angelegt und man konnte reinen Gewissens darüber hinwegsehen, dass sie vielleicht seinen Zähnen schadeten. Bei Graf Johannes war es schwieriger, ihm ein Lächeln zu entlocken. Mit zwei Löffeln Zucker war es da nicht getan. Cora erinnerte sich nicht einmal, wann sie ihn zum letzten Mal hatte lächeln sehen.

»Wenn das der Graf sähe«, sagte Lili leise. Sie sah noch jünger aus als sie war, man hätte sie auch für einen Teenager halten können mit ihrem spitzen kleinen Gesicht, in dem vor allem die warmen braunen Augen auffielen. Auch sonst schien alles an ihr klein und spitz zu sein. Wann immer Cora, die zu gemütlicher Fülle neigte, sie ansah, hatte sie das Gefühl, sie ein wenig aufpäppeln zu müssen.

»Er sieht es aber nicht, und den Jungen macht es glücklich«, erklärte sie gelassen. »Wo bleibt er denn eigentlich? Wenn er nicht bald kommt, ist die Schokolade kalt und die Sahne zerlaufen.«

»Er wollte nur schnell noch einmal nach seinem Pony sehen, weil es heute Morgen nicht richtig gefressen hat. Ich habe ihm gesagt, dass es heiße Schokolade gibt, wenn er zurückkommt.«

»Die lässt er sich nicht entgehen«, lächelte Cora, »darauf kann man sich verlassen.«

»Ich sehe trotzdem mal nach, wo er bleibt«, erwiderte Lili. Aber sie rührte sich nicht von der Stelle, ihr Blick war an den beiden Tassen auf dem Silbertablett hängen geblieben.

»Trinken Sie ruhig schon, Lili«, sagte Cora.

Aber die junge Frau blieb standhaft. »Nein, ich warte auf Florian«, sagte sie. »Bis gleich, Frau Bühler.« Nach diesen Worten schlüpfte sie aus der Küche des weiträumigen Gutshauses, das Graf Johannes seit dem Tod seiner Frau allein mit seinem Sohn bewohnte und das schon vorher viel zu groß für die kleine Familie gewesen war.

Cora wandte sich wieder ihrer Arbeit zu. Graf Johannes hatte angerufen, er werde pünktlich zum Abendessen zu Hause sein, also musste sie sich beeilen. Zwar fragte sie sich manchmal, wieso sie sich noch immer so viel Mühe mit dem Kochen gab, obwohl Vater und Sohn kaum zu bemerken schienen, was sie zu sich nahmen, aber sie wollte sich nicht entmutigen lassen. Eines Tages würde die Trauer um die verlorene Ehefrau und Mutter in den Hintergrund treten und das Leben für die Hinterbliebenen wieder an Farbe gewinnen. Daran glaubte sie ganz fest, obwohl im Moment nichts darauf hindeutete, dass ihr Optimismus gerechtfertigt war.

*

Arabella von Lützow summte leise vor sich hin. Sie war auf dem Weg zu ihren Freunden im Sternberger Schloss, wo sie ein verlängertes Wochenende verbringen würde. Lange war sie nicht mehr bei ihnen gewesen, umso mehr freute sie sich darauf, sie wiederzusehen. Sternberg war zu jeder Jahreszeit schön, sie hatte sich dort immer wohl gefühlt: Die Umgebung war zauberhaft, im Schloss selbst wurde man verwöhnt und umsorgt, und das Zusammensein mit ihren Freunden war immer Entspannung und Anregung zugleich.

Mit Baronin Sofia und Baron Friedrich von Kant war sie schon lange befreundet. Beide waren Anfang Vierzig und damit deutlich älter als sie selbst, aber ihrer Freundschaft hatte der Altersunterschied nicht geschadet, im Gegenteil. Die beiden hatten zwei Kinder, die vierzehnjährige Anna und den siebzehnjährigen Konrad. Und dann gab es noch den kleinen Fürsten: Prinz Christian von Sternberg, Sofias sechzehnjährigen Neffen. Christian war der Sohn ihrer Schwester Elisabeth und ihres Schwagers Leopold, des Fürstenpaares von Sternberg. Beide waren im vergangenen Jahr gemeinsam mit dem Piloten bei einem Hubschrauberabsturz ums Leben gekommen. Seitdem war Christian das dritte Kind der Familie von Kant.

Er hatte den Verlust seiner Eltern besser verkraftet als zunächst befürchtet, was auch an der liebevollen Unterstützung seiner Verwandten lag. Zwar war er ernster als seine Altersgenossen, auch reifer, aber seine Lebensfreude hatte er sich erhalten können, und er hatte einen ganz eigenen Weg gefunden, seine Trauer zu verarbeiten: Er besuchte das Grab seiner Eltern jeden Tag und sprach in Gedanken mit ihnen. Deshalb kam es ihm so vor, als seien sie nicht vollständig verschwunden, sondern auf geheimnisvolle Weise noch immer in seiner Nähe. Zugleich hielt er auf diese Weise die Erinnerung an sie wach.

Anders sah es bei Sofia aus. Elisabeth war nicht nur ihre Schwester gewesen, s