EDDIE
»Sorry, Eddie. Ria hat Jaz und Jo mitgenommen. Was sollte ich machen? Sie ist ja die Oma.« Mütze zuckte entschuldigend die Schultern. »Sie wollte unbedingt wissen, wo Zombie steckt. Aber der hat mir ja verboten, ihr irgendwas zu erzählen. Jetzt ist sie auf dreitausend.«
»Was? Und wo ist sie hin?«
Mütze deutete mit dem Finger in Richtung von Zombies Wohnung im Nachbarhaus. »Wirst du allein mit ihr fertig oder soll ich Dana Bescheid sagen?«, wollte sie wissen.
Gleich darauf stand ich mit Lotti an der Hand vor der Wohnungstür und überlegte, dass ich wahrscheinlich nicht hier zu übernachten brauchte, wenn Zombies Mutter sich weiter um die Kinder kümmern wollte.
Aber ich musste zumindest nach ihnen sehen, denn Zombie selbst hatte ja nicht gewollt, dass Ria Rigowski auf Jaz und Jo aufpasste. Weil sie ein ›echter Pflegefall‹ war, wenn ich seine Wortwahl richtig erinnerte.
Ich ließ den Schlüssel in der Jackentasche und drückte die Klingel.
Jo riss nur Sekunden später die Tür auf. »Na endlich! Ich hab doch gesagt, dass Lotti jetzt bei uns wohnt, Oma!«
»Schuhe aus!«, rief ich noch schnell, bevor die beiden davonflitzten.
Im nächsten Moment verdunkelte Ria Rigowskis großer Schatten den Flur. Die stämmige Blondine war nicht mehr so blond, wie ich sie in Erinnerung hatte. Sie hatte sich ihre Haare seit Längerem nicht nachgefärbt, was zur Folge hatte, dass die oberen vier Zentimeter dunkelgrau nachwuchsen und wie eine Mönchskappe ihren Kopf bedeckten, während die blondierten Fransen rund um ihr Gesicht herunterfusselten. Sie war noch dicker geworden und stemmte die Arme wie ein Racheengel in die Seiten ihrer Leoprintbluse mit draufgedrucktem Raubkatzengesicht.
Jaz streckte neugierig den Lockenkopf aus der Küche.
»Sie sind seine Neue?« Rigowski musterte mich abschätzend.
»Mensch, Oma.« Jaz schob sich neben die Dicke und knuffte sie in die Seite. »Er vögelt sie nicht. Die passt doch gar nicht in sein Beuteschema.«
Wie bitte?
Dass Jaz schon lange begriffen hatte, dass Frauen nicht mitten im Winter im Minirock herumliefen, weil das so schön kuschelig war, bewies ein Blick in ihren Kleiderschrank. Aber über die Wortwahl würden wir noch mal sprechen müssen. Das verschob ich allerdings auf später, denn Rigowskis von Wimperntusche umkrümelte Augen waren misstrauisch schmal geworden.
»Kennen wir uns nicht von irgendwoher?«
»Ich bin Eddie«, sagte ich. »Ich passe auf die Kinder auf, bis Joseph zurück ist. Aber wenn Sie jetzt hier sind …«
Rigowski hob langsam eine mit goldenen Ringen behängte Hand. Ihre glitzernden Nägel berührten ihre Lippen. »Sie sind …«
Okay. Sie hatte mich wiedererkannt.
»Sie haben Marleen erschossen«, flüsterte sie entsetzt.
Scheiße!
Rigowski brach in Tränen aus.
Jaz’ Augen wurden groß, sie wich ungläubig vor mir zurück, als hätte ich mich gerade in ein Monster verwandelt.
Große Klasse.
Und jetzt?
»Du hastwas?«, quietschte Jaz mit überkippender Stimme.
»Verschwinden Sie hier!«, schrie Rigowski.
Jaz stürmte in ihr Zimmer und schlug mit einem Knall die Tür zu. Die beiden Kleinen streckten verwundert die Köpfe aus Jos Kinderzimmer