: Klaus-Peter Wolf
: Totentanz am Strand Sommerfeldt kehrt zurück
: S. Fischer Verlag GmbH
: 9783104904818
: Sommerfeldt
: 1
: CHF 10.00
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 384
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Der gefährlichste Mann der Republik heißt Dr.Bernhard Sommerfeldt. Er ist aus Ostfriesland geflohen. Aber Ostfriesland hat auch sie: Ann Kathrin Klaasen, die beste Zielfahnderin in ganz Deutschland. Sie heftet sich an seine Fersen. Lesen Sie jetzt nach 'Totenstille im Watt' den zweiten Band der neuen Serie von Nummer 1-Bestsellerautor Klaus-Peter Wolf. 'Das ganze Leben ist ein Spiel. Man muss nicht in ein Casino gehen, um daran teilzunehmen. Ich spiele volles Risiko, mit höchstem Einsatz. Aber was kann ich gewinnen? Die Freiheit? Meine Beate? Bekomme ich dann mein altes Leben zurück? Alles würde ich dafür tun! Ja, ich habe Heimweh nach Ostfriesland. Ich möchte mein Leben als Dr. Bernhard Sommerfeldt zurück, zusammen mit meiner Beate. Am liebsten würde ich meine Praxis wieder eröffnen. Menschen behandeln. Den neuen Lover von Beate entsorgen. Am Meer spazieren gehen, der Nordsee lauschen und mich dem Wind aussetzen. Aber dort, wo ich mich am wohlsten fühle, dort, wo ich jetzt am liebsten wäre, ist auch die Gefahr am größten, verhaftet und von Ann Kathrin Klaasen einkassiert zu werden. Und doch: Ich bin ein Mann mit Prinzipien. Es stehen noch einige auf meiner Liste...'

Klaus-Peter Wolf, 1954 in Gelsenkirchen geboren, lebt als freier Schriftsteller in der ostfriesischen Stadt Norden, im selben Viertel wie seine Kommissarin Ann Kathrin Klaasen. Wie sie ist er nach langen Jahren im Ruhrgebiet, im Westerwald und in Köln an die Küste gezogen und Wahl-Ostfriese geworden. Seine Bücher und Filme wurden mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Bislang sind seine Bücher in 26 Sprachen übersetzt und über fünfzehn Millionen Mal verkauft worden. Mehr als 60 seiner Drehbücher wurden verfilmt, darunter viele für »Tatort« und »Polizeiruf 110«. Der Autor ist Mitglied im PEN-Zentrum Deutschland.Die Romane seiner Serie mit Hauptkommissarin Ann Kathrin Klaasen stehen regelmäßig mehrere Wochen auf Platz 1 der Spiegel-Bestsellerliste, derzeit werden mehrere Bücher der Serie prominent fürs ZDF verfilmt und begeistern Millionen von Zuschauern.

3


Und nun bin ich in Bärbels Praxis. Sie sitzt locker, völlig entspannt, in einem Ohrensessel, der mich an meinen erinnert, den ich in Norddeich zurücklassen musste.

Sie hat lange, glatte schwarze Haare. Vielleicht ein bisschen nachgefärbt. Sie ist garantiert Vegetarierin, wenn sie nicht sogar vegan lebt. Sie macht viel Sport oder zumindest Yoga. Aber ihr fehlt dieser verkniffene Zug um die Lippen, der solchen Menschen sonst manchmal zu eigen ist. Stattdessen wirkt sie auf mich wie jemand, dem es Spaß macht, zu feiern und das Leben zu genießen. Nur eben anders als andere. Undenkbar, dass sie mit einem Kater wach wird.

Sie trägt eine bunte Strickjacke, darunter ein weißes T-Shirt und einen dunklen, knielangen Rock. Sie schlägt die Beine übereinander und lächelt mich an.

Ich habe ihr gegenüber im Sessel Platz genommen. Er ist ganz anders als ihrer, aber auch sehr bequem. Der Sessel ist alt. Bestimmt ein Erbstück. Klobig.

Darauf liegt – vielleicht, um die durchgesessenen Stellen zu verbergen – eine gehäkelte Decke, als hätte jemand viele Topflappen zusammengenäht.

Neben jedem der zwei Sessel steht ein Tischchen aus Kirschholz. Darauf ein Glas und eine Karaffe mit Wasser. In der Karaffe eine Glasphiole, in der bernsteinfarbene Steine liegen. Es sieht schön aus, originell, bunt. Aber ich glaube, es ist keine reine Dekoration, sondern möglicherweise irgendetwas Esoterisches, das das Wasser beeinflussen soll.

Auf meinem Tischchen eine geöffnete Packung Papiertaschentücher. Glaubt sie, dass ich gleich heule, oder was soll das?

Außer den genannten Möbelstücken ist der Raum leer. Die Wände in Sand- und Erdfarben gestrichen. Raufasertapete, vermutlich selbst angepinselt. Zwischen uns kein Schreibtisch, sondern nur ein kleiner, dicker Teppich mit Sonnen drauf, die wie Blumen aussehen.

Alles irgendwie voll die Achtziger, denke ich, aber gleichzeitig habe ich das Gefühl, auf diesem bequemen Sessel gegrillt zu werden wie eine Rostbratwurst.

»Wie geht es dir?«, fragt sie lächelnd.

In der Entspannungsgruppe haben sich alle von Anfang an geduzt. Überhaupt glaube ich, in Gelsenkirchen siezt man nur Leute, die man nicht leiden kann.

Warum macht mich die Frage, wie es mir geht, so nervös?

»Gut«, lüge ich.

Sie legt den Kopf schräg und schaut mich so an, dass ganz klar wird: Sie glaubt mir nicht.

Bevor Sie mich einer Lüge überführen kann, füge ich hinzu: »Das sagt man so …«

»Wen meinst du mit«, sie malt mit den Fingern Anführungsstriche in die Luft, »m a n?«

»Ja, schon klar. Also, es geht m i r nicht so gut. Sonst wäre ich ja wohl nicht hier.«

Sie lobt mich. »Herzlichen Glückwunsch. Die meisten Menschen leiden still vor sich hin und genieren sich für ihre Probleme. Sie würden sich lieber operieren lassen, als darüber zu reden. Sie nehmen lieber Medikamente, als therapeutische Hilfe zu suchen.«

»Ich nicht.«

Mein Satz lässt sie strahlen. »Also, worum geht es? Wir sollten in einem Erstgespräch die Ziele der Therapie festlegen.«

»Ziele festlegen?«

»Ja. Genau. Ich glaube nicht an diese Fragebogen-Psychologie. Ich rede lieber mit den Menschen. Wo stehst du jetzt? Wo willst du hin?«

Ich merke, dass ich, ganz gegen meine Gewohnheit, mit den Händen ringe und mit den Fingern knacke.

Ich denke an den jungen Mann, der in Norddeich mit einem schlimmen Sonnenbrand in meine Praxis kam. Er trug ein lockeres T-Shirt mit der Aufschrift:Ich brauche keine Therapie, ich muss nur ans Meer.

Ich sage einfach, was mir gerade durch den Kopf schießt, und erzähle von ihm.

Bärbel setzt sich anders hin. »Du wärst jetzt also lieber am Meer, als hier zu sitzen?«

»Ja«, sage ich, »ich glaube schon.«

»Was hindert dich? Warum bist du dann hier und nicht am Meer?«

Weil ich ein paar Leute umgelegt habe und rasch verschwinden musste, um keine gesiebte Luft zu atmen. Ich heiße auch nicht Ditzen, ja, nicht mal Sommerfeldt ist mein richtiger Name. Ich bin jemand, der ich nicht mehr sein will: Johannes Theissen. Und ic