2.
»Luís?«
»Sim?«
»Kannst du reden?«
»Leise«, hörte sie die gepresste Stimme.
Graciana Rosado lief aus dem kleinen Haus am Ende der Sackgasse, das sie zusammen mit ihrer Schwester Soraia bewohnte.
»Wo bist du?«
»Rua Ponte Grande.«
Als schwarze Gestalt mit wehendem Schlips jagte Leander Lost auf seiner gelben Scrambler über den Feldweg, eine weithin sichtbare Staubfahne hinter sich aufwirbelnd, bis er die Nationalstraße125 erreichte und scharf nach links abbog. Mit Vollgas schoss er an den Autos vor ihm vorbei.
»Sub-Inspektor Leander Lost«, meldete er sich vorschriftsmäßig über sein Helmmikrofon, um keine Verwirrung im Funkverkehr zu stiften. »Welche Hausnummer?«
Zeitgleich schwang Graciana sich hinter das Lenkrad. Zum Glück hatte auch Carlos Esteves während der Wochenendbereitschaft den Funk abgehört. Er rannte auf Gracianas Volvo zu. Gerade riss er die Dienstwaffe aus dem Hosenbund und entsicherte sie, während Graciana das Blaulicht unter dem Sitz hervorzog und aufs Autodach pflanzte.
Carlos hatte die Tür noch nicht geschlossen, da trat Graciana das Gas voll durch. Der schwarze schwedische Kombi war ein T5. Ein Turbo und ein Letzter seiner Klasse, denn dieses Modell wurde nicht mehr produziert. 260PS ließen den Dienstwagen davonjagen.
»Ich … ich weiß nicht«, hörten sie Dias, »es ist … es liegt nach derEscola Secundaria links. Wenn man von der N125 kommt. Sonst rechts. Das Haus von demCarpinteiro.«
Haargenau jene Sekundarschule, die wegen der Ferien geschlossen war und deren Temposchwellen am Zebrastreifen Lost mit knapp hundert Sachen überquerte, sodass ein paar bolzende Kinder Zeugen eines imposanten 6-Meter-Sprunges mit flatternder Krawatte wurden.
»Bist du unter Beschuss?«, fragte Graciana, während sie die langgezogene Kurve der Rua Ponte Grande in einem Tempo nahm, das sie zwang, das ausbrechende Heck abzufangen.
»Im Moment nicht.«
»Bist du verletzt?«, fragte Carlos, dem bei offenem Fenster das lockige Haar umhergewirbelt wurde.
»Nein … ich bin in Deckung.«
»Forder trotzdem eine Ambulanz an«, wies Graciana Carlos an, während sie weit vor sich die unverwechselbare schwarze Gestalt auf dem gelben Motorrad heranpreschen sah.
Leander Lost erreichte das Haus knapp vor dem Volvo. Es stand weit entfernt von anderen Bauten mutterseelenallein auf einer weiten Wiese, deren Gras in Kniehöhe verdorrt war. Hier und da blickte dessen ungeachtet die Blüte einer Blume hervor.
Er konnte Luís sehen, der sich hinter der Gartenmauer verschanzt hatte, die Pistole in der Hand, auf dem Rücken seiner Uniform das KürzelGNR: Gua