: Pat Cadigan
: GOING FAST Ein Cyberpunk-Roman
: BookRix
: 9783743895942
: 1
: CHF 5.60
:
: Science Fiction
: German
: 373
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Es ist kinderleicht, sich Zugang ins Bewusstsein eines Mitmenschen zu verschaffen, wenn man über die nötige elektronische Ausrüstung verfügt. Der Handel mit Neurosen, Thrills, Psychosen und aparten Abartigkeiten blüht. Das Franchising von anderen Persönlichkeiten ist an der Tagesordnung. Pathos-Finder sind Spezialisten auf dem Gebiet, sich in anderer Leute Bewusstsein zurechtzufinden, ein ebenso feinfühliger wie knochenharter, gefährlicher Job. Man kann mit ihm reifen, wenn man stark ist - oder sich verlieren und nie mehr zum eigenen Ich zurückfinden... Going Fast, erstmals im Jahr 1987 veröffentlicht, war der Debüt-Roman von Pat Cadigan, der Queen Of Cyberpunk.Der Apex-Verlag veröffentlicht diesen Klassiker der Cyberpunk-Literatur als durchgesehene Neuausgabe, ins Deutsche übersetzt von Alfons Winkelmann.

  Der Wirklichkeitsfixierer


 

 

Nach dem Ausputzen verliert man das Bewusstsein; anschließend träumt man oder lässt sich treiben. Als sich der Nebel hob, lag ich nackt auf einem Podest in einem kistenartigen grauen Raum, während die Gehirnpolizei drinnen und draußen alles fotografierte. Ich sah, wie das Fahndungsholo an der Decke der Butze allmählich Gestalt annahm. Unglaublich. Mein erstes Verbrechen, und schon machten sie ein Fahndungsholo, als wäre ich ein hartgesottener Bewusstseinskrimineller, und zwar wegen etwas, das im Grunde ein Verbrechen ohne Opfer war. Stand dieses Jahr etwa jemand zur Wahl?, fragte ich mich. Oder war ich vielleicht noch immer in der Reinigung und wartete auf eine Behandlung, und dies hier war ein psychotischer Traum?

»Haas, Alexandra Victoria«, sagte eine weibliche Stimme. Keine paranoide Vorgaukelung falscher Tatsachen, sondern ganz real. Sie gehörte zu dem weiblichen Officer der Gehirnpolizei, der mich durch das dicke Überwachungsfenster betrachtete.

»Ja?«, fragte ich und versuchte, beiläufig und sachlich zugleich zu wirken.

»Sie können sich jetzt ankleiden«, sagte sie.

Ich setzte mich auf. Am Fußende des Podests lag ein Gefängnisoverall. Ich streifte ihn über, ein Bein nach dem anderen, während ich versuchte, die Gedanken beisammen zu halten.

Ich wusste nicht viel über die Gehirnpolizei - nicht eben viele Leute wissen etwas über die Gepo, bis sie mit ihr aneinandergeraten, und jene Leute verlieren später darüber nicht viele Worte in diesem Augenblick jedoch hätte ich mich lieber der Steuerbehörde gegenüber gesehen. Die Steuerbehörde konnte wenigstens deine Gedanken nicht prüfen. Die Frau auf der anderen Seite des Fensters sah nicht so aus wie jemand von der Gestapo; mit ihrem sandfarbenen Haar und dem ungeschminkten Gesicht lag sie hart an der Grenze zur Nicht-Attraktivität. Die Uniform wirkte eher wie etwas, das man sich anzog, wenn man selbst ein wenig malern wollte. Sie blickte gefühllos in meine Richtung, ohne mich direkt anzusehen. Nachdem ich mich angekleidet hatte, öffnete sich dem Podest gegenüber leise eine Tür, und ich trat in einen weiteren kistenartigen Raum.

»Nehmen Sie Platz!«, sagte der weibliche Officer und wies auf einen Tisch und zwei Stühle mitten im Raum. Sie blieb am Schreibtisch unterm Fenster sitzen. Ich sah ein kleineres Duplikat meines Fahndungsholos, das sich in einem der beiden Monitore zwischen den Kontroll- knöpfen drehte.

Ich setzte mich. »Was nun?«

Eine weitere Tür auf der anderen Seite des Raums öffnete sich, und ein rundlicher Mann in beigefarbenen sackartigen Kleidern kam herein. Der Officer wandte sich ab und tat ungeheuer geschäftig am Schreibtisch. Der Mann sah harmlos genug aus; er war nicht größer als ich, aber eine ganze Masse schwerer. Kaum, dass er mir zunickte, als er zu dem Officer hinüberging. Ein paar Minuten lang f