Kapitel 1
Wenn das Leben dir Zitronen gibt, mach Limonade draus.
Diletta putzte ihren Teller leer. In letzter Zeit war sie immerzu hungrig. Sie hatte wohl auch einige Kilos zugenommen, was ihr nichts ausmachte. Ezio, ihr Mann, der ihr in dem kleinen Restaurant, das sie für den besonderen Anlass ausgesucht hatten, gegenübersaß, beklagte sich auch nicht. Er stocherte aber eher im Essen.
»Schmeckt es dir nicht?«, fragte Diletta und hielt inne, sah Ezio vielleicht zum ersten Mal an diesem Abend richtig an. Ihr Ezio. Ein schöner Mann. Sie vergaß manchmal, wie gut er aussah mit seinem Körperwie aus Stahl, wie er oft selbst behauptete und sich mit den Fäusten auf die Brust trommelte, als wäre er ein Gorilla und eben nicht aus Stahl. Die harte Arbeit auf dem Fischkutter zeigte sich jedenfalls, er war trainiert, zog bleischwere Netze aus den Tiefen des Meeres, hob riesige Schwertfische mit Leichtigkeit gen Himmel. Wie um den Göttern für den Fang zu danken. Diletta hatte zu Hause unzählige Bilder von ihrem Mann, der stolz zeigte, was er aus dem Wasser geholt hatte. Sie liebte diese Bilder, war stolz auf ihn und seine Arbeit.
Ezio sagte nichts, zog die Schultern hoch, sah sie aber an – einige intensive Augenblicke lang.
Dass er nichts sagte, war keine Neuigkeit. Er war nicht der Gesprächigste, außer, wenn es um Fischfang ging. Dann konnte er reden wie ein Wasserfall. Das verstand Diletta aber auch. Sie ertappte sich ja selbst dabei, wie sie dauernd über Zitronen faselte. So hatte jeder seine eigene Leidenschaft. Fisch und Zitrone. Eine gute Kombination, so wie auch Ezio und Diletta es im Leben waren. Sie hatten jung geheiratet und feierten heute ihren zehnten Hochzeitstag – im kleinen, niedlichen RestaurantDa Pippo mit seiner wundervollen Einrichtung, die sich an den Farben des Meeres orientierte, wobei bunte Dekorationen an den Wänden und auf den Tischen das Leben unter der Wasseroberfläche nachahmten. Es war eines der wenigen Lokale an der Promenade, das sich seit Jahren hielt. Die meisten schafften es nicht lange, den Betrieb aufrechtzuerhalten, da die Mietpreise in exklusiver Lage exorbitant waren, wie jeder in Amalfi wusste.
Ezio lieferte dem Chefkoch Tullio jeden Tag frischen Fisch, keine Unmengen, aber doch genug. Normalerweise war Ezio ein Großlieferant, der den Großmarkt in Salerno bediente. Aber einige Restaurants an der Küste wollten nur Fisch von ihm, da drückte er ein Auge zu und fuhr die frische Ware aus, wobei der Aufwand