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Emma Harte beugte sich vor und schaute aus dem Fenster. Der Lear Jet, Privateigentum der Sitex Oil Corporation von Amerika, war jetzt über der dunstigen Wolkendecke und raste nun durch einen blauen Himmel, dessen Helligkeit schmerzhaft in die Augen stach. Geblendet lehnte sich Emma zurück und schloss die Lider. Sekundenlang blieb die Bläue des Himmels hinter ihren Augenlidern gefangen. Plötzlich überfiel sie ein so starkes und unerwartetes Gefühl bittersüßer Sehnsucht, dass sie überrascht den Atem anhielt.Das ist der Himmel auf dem Gemälde von Turner, welches über dem Kamin im Wohnzimmer von Pennistone Royal hängt, dachte sie. Der Himmel von Yorkshire an einem Frühlingstag, wenn der Wind die Nebel über dem Moor vertrieben hat.
Ein feines Lächeln spielte um ihren schmalen Mund und verlieh ihren entschlossenen Zügen eine ungewohnte Sanftheit, als sie an Pennistone Royal dachte. Dieses große Haus über der rauen, öden Moorlandschaft erschien ihr immer wie eine Naturgewalt, erbaut von einem allmächtigen Architekten und nicht von einem Sterblichen. Es war der einzige Platz auf diesem von Gewalt beherrschten Planeten, wo sie Frieden gefunden hatte, unendlichen Frieden, der stets ihr Gemüt besänftigte und ihr neue Kraft gab. Ihr Heim. Diesmal war sie viel zu lange weg gewesen, fast sechs Wochen. Für Emma war das in der Tat sehr lange. Aber in der nächsten Woche würde sie nach London zurückkehren und Ende des Monats nach Norden reisen, nach Pennistone, zu Frieden und Ruhe, ihren Gärten und ihren Enkeln.
Dieser Gedanke erfüllte sie mit grenzenloser Freude, und sie machte es sich in ihrem Sitz bequem. Die Spannung, die sie in den letzten Tagen erfüllt hatte, wich allmählich von ihr. Sie seufzte leise, teils aus Schwäche, teils vor Erleichterung. Sie war wie gerädert von den üblen Kämpfen, die sie in den letzten Tagen während der Vorstandssitzungen der Sitex Corporation hatte durchstehen müssen. Darum war sie jetzt so erleichtert, dass sie Texas verlassen konnte und in die Ruhe ihres eigenen New Yorker Büros zurückkehren durfte. Nicht, dass sie Texas nicht gemocht hätte. Im Gegenteil, sie hatte immer eine starke Zuneigung zu diesem großen Staat gehabt, denn sie sah in seiner rauen Kraft eine gewisse Verwandtschaft zu ihrem heimatlichen Yorkshire. Aber diese letzte Reise hatte sie erschöpft.Ich werde zu alt, um dauernd mit dem Flugzeug in der Welt herumzureisen, dachte sie wehmütig. Dann aber verwarf sie diesen Gedanken, denn er war nicht ehrlich, und Emma Harte war niemals unehrlich zu sich selbst. In Wahrheit fühlte sie sich nicht alt. Sie war nur manchmal etwas müde, besonders dann, wenn sie sich über Narren ärgern musste. Harry Marriott, der Präsident der Sitex, war ein solcher Narr, und er war gefährlich wie alle Narren.
Emma öffnete die Augen und setzte sich ungeduldig auf. Ihre Gedanken kehrten zu den Geschäften zurück. Sie war unermüdlich und besessen, wenn sie an ihre weit verzweigten Unternehmungen dachte, und das tat sie fast immer. Sie sch