: Justine Pust
: Spin this Heart Roman
: Piper Verlag
: 9783492988919
: 1
: CHF 4.00
:
: Gegenwartsliteratur (ab 1945)
: German
: 384
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Kann ein Tanz nicht nur das Leben auf den Kopf stellen, sondern auch dein Herz? Von Frauenpower, Selbstfindung - und Poledance »Ich will mich nicht verlieben, ich will nur tanzen.« »Können wir nicht beides?« »Wann bekommt man im Leben schon mal zwei Dinge, die man sich wünscht?« Carmen ist ehrgeizig, zielstrebig und weiß, was sie will. Mit dem Tänzer Tian ist sie sich nur in einer Sache einig: Die wahre Liebe gibt es nicht. Als sie mit ihren Freundinnen Juliette und Brooke an einem Poledance-Kurs teilnimmt und ausgerechnet Tian ihr Lehrer ist, fliegen die Funken. Doch mehr als eine lockere Beziehung lässt der prall gefüllt Terminplan ohnehin nicht zu. Aber kann sich der Verstand gegen den Takt wehren, den das Herz bestimmt? »Eine heiße Geschichte mit einer sexy Lovestory, die Leser zum schwitzen bringt.« ((Leserstimme auf Netgalley))  »Ab an die Stange und unbedingt lesen!.« ((Leserstimme auf Netgalley))   »Viel Gefühl, Humor und Liebe. Ich habe es geliebt. Super!« ((Leserstimme auf Netgalley))  

Justine Pust ist ein typisches Küstenmädchen, tanzt zu Songs aus den 80ern und verliert sich in mitreißenden Geschichten. Sie hat das Schreiben früh entdeckt und teilt ihre Lesesucht auf ihrem Blog und auf Instagram unter @justine_thereadingmermaid.

1. You Can Leave Your Hat On


Carmen


Genau so habe ich mir diesen Abend vorgestellt.

Meine dunklen Haare schwingen durch die Luft, ein paar Tropfen vom Gin landen auf meinen Fingern, und ich lasse mich gehen, während der wummernde Bass mich wie Watte umhüllt. Das abwechselnd pink-lila Licht schimmert in den Augen meiner besten Freundinnen. Diese Nacht gehört uns. Und das ist das, was zählt.

»Wo ist Brooke?«, rufe ich Juliette zu und wäre ihr fast auf die Füße getreten, als ich mich ihr zu sehr zugeneigt habe, aber zum Glück kann ich mich fangen – einen spitzen High Heel in den Spann gerammt zu bekommen, ist sicherlich nicht angenehm.

»An der Bühne«, schreit Juliette zurück und wirft ihr braunes Haar nach hinten.

Klar, wo soll sie auch sein? Ich nicke und wirble noch einmal herum, bevor ich nach der Hand meiner Freundin greife. Meine Hüften wippen weiter im Takt, während wir uns den Weg zu Brooke durch die Menge bahnen. Vor der Bühne leuchtet ihr heller blonder Zopf abwechselnd blau und pink im Farbspiel der Beleuchtung. Sie sieht uns grinsend an, sagt aber nichts. Vielleicht besser, denn die Wahrscheinlichkeit, dass wir sie in diesem Lärm gehört hätten, liegt irgendwo in Richtung null. Doch wir sind nicht zum Reden hier, sondern dazu, hemmungslos zu feiern.

Einer der vielen Gründe, warum ich die Ladys Night in diesem Laden so sehr liebe, ist die simple Tatsache, dass nur Frauen eingelassen werden. Keine vorgeblich zufälligen Berührungen an meinem Körper, keine ständige Sorge, etwas ins Getränk gemischt zu bekommen und keine unliebsamen Anmachen. Der beste Abend des ganzen Monats. Nur wir und Musik – ja, okay, die Stripshow ist auch ganz nett anzusehen.

Die Musik verstummt. Die flackernden Lichter richten sich allesamt auf die Bühne. Ich muss ein paarmal blinzeln, um mich schneller an das helle Licht zu gewöhnen.

»Und nun freut euch auf zwei heiße Männer, die garantiert jeden Brand löschen«, schallt die Ankündigung durch die Boxen, ehe um mich herum wilder Jubel ausbricht, der mich unwillkürlich zum Grinsen bringt.

Ich mag es, wenn Menschen zeigen, was sie wollen. Und gerade wollen wir alle ein paar heiße Typen, die uns ihre schärfsten Tanzmoves zeigen und unserer Fantasie so richtig einheizen. Ganz ohne Verpflichtungen, ohne Körperkontakt – eine reine Traumvorstellung, die niemandem wehtut oder sich plötzlich zu einer Gefahr entwickelt.

Das Licht wird gedimmt. Künstlicher Nebel wabert auf die lila angestrahlte Bühne, wodurch alles wirkt wie in einem Musikvideo aus den 80er-Jahren. Dann kommen die ersten Takte des Liedes, unterbrochen von den nächsten freudigen Jubelrufen.

Selbst Brooke lässt sich dazu hinreißen mitzujubeln, obwohl wir wissen, dass diese Art der Unterhaltung eigentlich nicht ihr Ding ist. Wahrscheinlich würde sie lieber mit einem Buch auf dem Sofa sitzen, statt hier mit uns vor der Bühne zu stehen. Aber dank der Tatsache, dass ihr Freund einer der Stripper ist, hat sie wahrscheinlich doppelt so viel Spaß wie wir anderen – denn sie bekommt später sicher eine Privatshow. Und ja, ich bin definitiv neidisch.

Zwei Silhouetten sind im lila Nebel zu erkennen. Ich erkenne sie sofort: Nate, die perfekte Schwiegersohnfigur eines Feuerwehrmannes, und Tian, der Badboy, der in der Uniform einen derartig heißen Anblick liefert, dass ich nach Luft schnappe, weil ich mir plötzlich wünsche, er würde das Feuer in mir mit seinem Körper löschen.

Allerdings bleibt mir keine Zeit, lange darüber nachzudenken, denn als die beiden mit den ersten Tanzschritten loslegen, kann ich nicht anders, als ebenfalls zu jubeln. Die beiden Firefighter marschieren im Gleichschritt nach vorn und reißen sich, perfekt abgestimmt zum Song, die schweren Uniformjacken vom Körper, um uns ihre eingeölten Sixpacks zu präsentieren. Bisher war mir nicht bewusst, wie sexy Hosenträger auf nackter Haut aussehen können, aber jetzt wünschte ich mir fast, ebenfalls auf diesem Körper liegen zu dürfen. Ohne dass ich meinen Blick daran hindern könnte, bleibt dieser an Tian hängen. Sein schwarzes Haar fällt ihm in die Augen, deren Farbe in dem flackernden Licht unmöglich auszumachen ist. Doch ich kenne seine Augen, kenne das dunkle Blau und die kleinen braunen Punkte darin. Mein Körper beginnt zu prickeln, und plötzlich kommt es mir ziemlich heiß in diesem Club vor. Nein, sogar noch schlimmer: Tian kommt mir unfassbar heiß vor.

Die feinen Stoppeln auf seiner Wange sind vage zu erkennen, während er das Gesicht in meine Richtung dreht und mich angrinst, als könnte er sehen, wie meine Libido auf den Schwung seiner Hüften reagiert. Langsam verstehe ich, warum Brooke so sehr auf Feuerwehrmänner steht, denn als Nate seinen Kumpel Tian mit Wasser besprüht, als stünde dieser in Flammen, wünsche ich mir auch, bei der Feuerwehr zu arbeiten. Oder in Flammen zu stehen. Oder beides.

Schimmernde Tropfen auf Tians Haut perlen seine definierten Muskeln hinab, bis hinunter zum Bund seiner Hose. Ich nehme einen besonders großen Schluck von meinem Gin Tonic.

Neben mir beginnen alle, nervös von einem Fuß auf den nächsten zu trippeln, nur Juliette betrachtet die Show mit einem spöttischen Grinsen. Eigentlich sollte ich das sein – die mit dem spöttischen Grinsen, der nichts zu nahegeht. Besonders nicht die Stripper.

Tian und Nate klatschen sich ab, recken beide das Kinn vor und vollführen wellenartige Bewegungen, die sie noch mit ihren Händen über den muskulösen Körpern unterstreichen. Als könnte irgendjemand gerade nicht auf ihre Muskeln starren.

Die Hosen fallen. Die letzten Reste der Selbstbeherrschung auch, als die beiden auf den Boden sinken und dort Dinge tun, von denen sich mindestens die Hälfte der Frauen im Saal gerade wünscht, sie würden es mit ihr tun. Ich selbst eingeschlossen. Zu meiner eigenen Überraschung dreht Tian sich plötzlich in meine Richtung, kommt auf mich zu und schlittert auf Knien zu mir, sodass der feuerwehrrote Slip direkt vor meiner Nase wackelt.

»Ist das dein Ernst?«, brumme ich, bin mir aber nicht sicher, ob er mich überhaupt gehört hat. Sein Grinsen jedoch verrät mir, dass er zumindest bemerkt hat, dass ich unter meinem fein säuberlich aufgetragenen Make-up rot werde.

Er beugt sich etwas näher zu mir. In meinen Ohren rauscht es. Ich starre auf seine Lippen, ohne es verhindern zu können, während die Welt um mich herum für ein paar Herzschläge wie durch eine Zeitlupe läuft. Hitze flammt durch meine Adern, und in meinen Kopf drängt sich der Wunsch, seine Haut auf meiner zu spüren. Doch gerade als er kurz davor ist, mich zu berühren, endet das Lied. Mit einem Zwinkern erhebt er sich, nimmt den tosenden Applaus entgegen und verschwindet mit Nate wieder von der Bühne.

»Die zwei werden immer besser«, schwärmt Brooke, nachdem sich die Menge von der Bühne gelöst hat, sodass wir nur noch zu dritt hier stehen.

»Na ja, sie sind nicht übel«, antworte ich mit einem Achselzucken, um mir möglichst nicht anmerken zu lassen, dass ich besser mein Höschen wechseln sollte. Bei jedem anderen Stripper wäre mir das egal, aber nicht bei Tian. Unter gar keinen Umständen gehören solche Gefühle in den Freundeskreis. Oder in die kräftigen und doch sanften Hände, dieses unverschämt gut aussehenden Tänzers mit dem einnehmenden Lächeln, das es immer wieder schafft, mich wütend zu machen.

Juliette lässt ihre Augenbrauen anzüglich wackeln. »Du hast ausgesehen, als hätte es dir gefallen.«

Ich verdrehe die Augen, bevor ich auf meinem Handy die neuesten Nachrichten durchgehe, um mich abzulenken. Leider ist die Antwort, auf die ich am meisten warte, wie üblich nicht dabei.

»Carmen ist nur zu stolz, um zuzugeben, dass die beiden echt der Hammer sind«, meint Brooke neckend, was mich dazu bringt, den Blick wieder von dem Bildschirm zu heben. »Zwei heiße Männer, die sich tanzend ausziehen? Natürlich hat es mir gefallen, aber ich habe schon bessere Shows gesehen.«

...