Das Chaos verschluckt uns. Ganz gleich, wohin ich mich auch drehe, mir schlagen aus jeder Richtung Panik, Verzweiflung und Angst entgegen. Die Luft ist erfüllt von Schreien, gebrüllten Befehlen, zischenden Lasern und, ganz leise, kaum wahrnehmbar, dem hoffnungslosen Wimmern der Menschen, die aus der Legion in diese ihnen unbekannte Welt stolpern. Jeder Atemzug könnte ihr letzter sein. Sie glauben, zu wissen, dass der Tod unsichtbar ist: die Radioaktivität.
Sie ist überall – unmöglich, ihr zu entkommen.
Diese armen, hilflosen Menschen wissen nicht, dass sie ihr Leben lang belogen wurden. Sie verstehen nicht, warum jene, die sie beschützen sollten, ohne sie gegangen sind. Sie sind verloren.
Der Wüstensand wirbelt auf und legt sich auf unsere Kleidung, färbt alles rostrot. Winzige Körnchen brennen in unseren Augen. Vielleicht sind es auch ungeweinte Tränen, die von der Furcht in Schach gehalten werden. Noch werde ich unser Ende nicht akzeptieren. Noch bin ich bereit, zu kämpfen. Noch habe ich Hoffnung.
Meine Hoffnung trägt einen Namen – Zoe.
Ich kann sie nicht verlieren. Nicht jetzt, wo wir gerade erst zueinandergefunden haben. Es ist uns gelungen, einen Weg aus der Sicherheitszone zu finden. Dann müssen wir es auch schaffen, zu überleben.
Sie drückt meine Hand und in ihrem Blick flackert der Wunsch nach Leben. Nach allem, was die Legion ihr angetan hat, ist es ihnen nicht gelungen, sie zu brechen. Die Kämpferin in ihr ist immer noch da, wenn auch in ihrem Innersten verborgen. Für den Augenblick gelingt es ihr, all den Schmerz in den hintersten Winkel ihres Selbst zu verschieben.
»Da ist Finn«, ruft sie mir über den Lärm entgegen und deutet in das Getümmel.
Ich kann ihren Bruder unter den vielen Menschen nicht erkennen. Die Bewohner der Legion sehen mit ihren kahlen Köpfen und der identischen Körpergröße alle gleich aus. Sie sehen aus wie ich. Ich sehe aus wie sie.
Es wimmelt vor braunen Anzügen, dazwischen leuchten ein paar blaue, rote, gelbe und einzelne grüne auf. Das Weiß der Legionsführer ist verschwunden. Sie haben sich in Sicherheit gebracht und uns im Stich gelassen – ihr Leben über unseres gestellt.
Zoe zieht mich mit sich, dabei schaut sie sich suchend um. Wir betraten den Fahrstuhl, der unseren Weg in die Freiheit bedeuten sollte, gemeinsam mit ihrer Mutter Maggie. Doch sobald wir von der Masse aus der Kabine geschoben wurden, verloren wir sie aus den Augen. Sie muss hier irgendwo sein und ist dennoch unerreichbar für uns. Jeder ist auf sich selbst gestellt, denn jede Minute könnte unsere letzte sein. Die Selbstzerstörung der Legion wurde eingeleitet. Die komplette gläserne Kuppel wird explodieren und alle, die sich in ihrer Nähe befinden, mit in den Tod reißen.
Zielstrebig bahnt Zoe sich einen Weg