: Maya Shepherd
: Der Märchenschreiber
: tolino media
: 9783752131888
: 1
: CHF 2.40
:
: Fantasy
: German
: 120
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
ls Jacob auf dem Spiegelball von der bösen Königin in ihren Spiegel gerissen wird, ahnt er nicht, dass dies der Beginn einer ganz besonderen Reise ist. Wundersame Orte offenbaren sich ihm in den Sieben Weltmeeren, einer fantastischer als der andere. Dort begegnet er nicht nur Meerjungfrauen, Feen, Piraten und sprechenden Tieren, sondern auch sich selbst. Nur wenn er sich den Entscheidungen seiner Vergangenheit stellt, kann er deren Folgen in der Zukunft erkennen. Um die Gegenwart zu verändern, muss er sich seine Fehler eingestehen. Wie weit würde er gehen, um jene zu retten, die er liebt?

Maya Shepherd wurde 1988 in Stuttgart geboren. Zusammen mit Mann, Kindern und Hund lebt sie mittlerweile im Rheinland und träumt von einem eigenen Schreibzimmer mit Wänden voller Bücher. Seit 2014 lebt sie ihren ganz persönlichen Traum und widmet sich hauptberuflich dem Erfinden von fremden Welten und Charakteren. 2019 gewann Maya Shepherd mit den Grimm-Chroniken den Skoutz-Award in der Kategorie"Fantasy".

Spiegelverkehrt


Sonntag, 28. Oktober 2012

0.45 Uhr

Bonn, Schlosskommende Ramersdorf, Ballsaal

Jacob wusste nicht, was er erwartet hatte. Es war für gewöhnliche Menschen unvorstellbar, einen Spiegel durchschreiten zu können, aber da er nicht gewöhnlich war, schloss er das Unmögliche nicht aus. Dennoch überraschte ihn, was er auf der anderen Seite des Spiegels vorfand: nicht etwa ein bodenloses Loch, in das er fiel, oder ein schwarzes Nichts, sondern denselben Ballsaal, den er verlassen hatte.

Der Schritt durch den Spiegel glich eher einem Stolpern als einem Sturz.

Verwirrt ließ er seinen Blick über die wandhohen Vorhänge, die funkelnden Kronleuchter und die Rosengestecke an den Wänden gleiten. Aber nicht nur die Einrichtung war identisch, sondern auch die Personen, die sich darin aufhielten.

Auf der Tanzfläche waren die blutigen Fußspuren zu erkennen, welche von dem wilden Tanz stammten, den die Geister der toten Mädchen mit Elisabeth geführt hatten. Sie verharrten dort noch immer mit ihren durchscheinenden Körpern und hatten in ihrer Mitte die längst verstorbene Hexe Baba Zima gefangen.

Auch Maggy, die ihn mit großen, ungläubigen Augen anstarrte, war anwesend. Ebenso wie der Teufel mit seinem blauen Bart, der sich als Einziger nicht über Jacobs rasche Rückkehr zu wundern schien. Seinen Mund umspielte ein wissendes, allzeit amüsiertes Grinsen.

Beim nächsten Atemzug löste Elisabeth ihre Hand von Jacobs Unterarm. Blutige Striemen blieben dort zurück, wo sich ihre Nägel in seine Haut gegraben hatten. Er konnte nicht sehen, ob sie von der Situation genauso überrascht war wie er, weil sie sogleich die Flucht ergriff.

Mit ihren zertanzten Schuhen taumelte sie das Podest hinab, auf dem sich der unvollendete Spiegel befand, und humpelte durch den Saal auf den Ausgang zu. Ehe sie diesen jedoch erreichen konnte, schlug ein gewaltiger Windstoß die Türen zu und schloss sie in dem Saal ein.

Schockiert fuhr Elisabeth herum und starrte Maggy an, die ihre Hände erhoben hatte. Ihre Finger zuckten noch leicht von dem gewirkten Zauber.

»Du entkommst mir nicht«, zischte Maggy und ließ einen Dornenregen auf die falsche Königin niederprasseln.

Diese riss kreischend ihre Arme über den Kopf und schaffte es erst, einen Schutzschild zu beschwören, nachdem die ersten Dornen bereits ihre Haut aufgerissen hatten. Blut tropfte auf den Boden, das ihre Magie verstärken würde. Aber seltsamerweise holte sie nicht zum Gegenangriff aus, sondern duckte sich nur verängstigt.

Irgendetwas stimmt hier nicht,